10 Tipps, um deinem unsicheren Hund mehr Sicherheit zu geben
Hast du manchmal das Gefühl, dein Hund sieht hinter jeder Ecke Gespenster?
Er gehört definitiv nicht zu den hart gesottenen, sondern ist eher der Kandidat „zart besaitet“? Du nennst ihn einen „unsicheren Hund“, Angsthund oder Schisshase?
Viele Hunde sind mit unserer Umwelt überfordert, ob dein Hund auch dazu gehört, kannst du in diesem Artikel nachlesen: “15 Anzeichen, an denen du Überforderung beim Hund erkennen kannst”.
Lange hat man behauptet, dass man Hunden mit Unsicherheit und Ängsten in ihrer Angst ignorieren sollte, damit man die Angst nicht verstärkt. Ein Mythos, der für viele Hunde das Grauen noch vergrößert hat.
Eines vorweg: Dein Hund schauspielert Angst nicht und stellt sich auch nicht an. Auch wenn die Unsicherheit oder Angst für dich unbegründet ist, er empfindet sie in dem Moment. Wir alle kennen Ängste, die nicht wirklich „gerechtfertigt“ sind. Denke mal an all die Menschen mit Angst vor Spinnen, Zahnärzten oder Aufzügen….
In meinem Artikel „Warum du nicht auf Gewöhnung setzen solltest, wenn du einen Angsthund hast“ bin ich schon einmal auf das Thema eingegangen. Heute möchte ich dir nach den Basisinfos mit auf den Weg geben, was du für deinen Hund tun kannst, wenn er mal wieder verunsichert ist.
Was ist ein unsicherer Hund?
Hunde, die sich nicht sicher fühlen, zeigen häufig Konflikt- oder Stresssymptome. Wie du Konflikte erkennst, erfährst du in Podcast Episode #59. Und die häufigsten Stressanzeichen habe ich dir hier notiert.
Drei Indizien für einen unsicheren Hund sind, wenn du folgendes im Alltag an deinem Hund regelmäßig beobachten kannst:
Er nimmt etwas wahr und wird zögerlich, vielleicht sogar ganz starr.
Er zuckt häufig vor Dingen zurück und duckt sich ab.
Er wird ohne erkennbaren Grund ganz hibbelig, trippelt herum oder bellt.
Auch viele Hunde, die eher draufgängerisch wirken, weil sie an der Leine den dicken Macker machen oder lautstark protestieren, sind oft eher sensibel. Wie du deine Begegnungen gelassener meistern kannst, kannst du hier nachlesen.
Meistens verbirgt sich hinter den „Draufgängern“ eine Geschichte, dass ihre leiseren Signale, wie das Zögern, nicht wahrgenommen wurden und sie gelernt haben, dass sie erst laut werden müssen. Damit es bei dir erst gar nicht soweit kommt, achte gut darauf deinen Hund nicht in überfordernde Situationen hineinzuzwingen. Schenke ihm früh genug Sicherheit und tretet den Rückzug an, bis ihr mutiger werden könnt, ohne, dass ihr überfordert seid.
Auch wenn dein Hund bereits ins Gegenteil gekippt ist, lies gerne weiter, denn diese Unterstützer kannst du dennoch einsetzen.
Keine Angst davor die Unsicherheit deines Hundes zu verstärken
Dein Hund ist dein Sozialpartner und du trägst einen großen Teil der Verantwortung für ihn. Sozialpartner einer Gruppe unterstützen sich, wenn es dem anderen nicht gut geht. Ihn zu ignorieren, wäre asozial.
Du kannst Unsicherheit und Angst nur größer machen, wenn du weitere unangenehme Erfahrungen hinzufügst, zum Beispiel dadurch, dass du
deinen Hund ignorierst und ausgrenzt.
motzt, schimpfst oder Enttäuschung zeigst – auch wenn es gar nicht um ihn geht.
seine Angst nicht erkennst und ihn in die Situationen weiter hineinbringst.
selber total aufgelöst, hysterisch und nervös wirst.
seine Signale ignorierst und seine Strategien nicht unterstützt oder ihm Alternativen bietest um die Situation zu meistern.
Auch wenn dein Hund nicht von Anfang an in der Lage ist, ohne deine Signale die Situation gelassen und sicher zu bewältigen, dein Ziel sollte genau das sein. Wenn er alles nur darf und kann, wenn du es ihm sagst, machst du ihn unnötig von dir abhängig und unsicher.
Legen wir los! So kannst du deinem Hund bewusst Sicherheit schenken…
1. Es sind Situationen, die einen Hund zum unsicheren Hund machen
In unseren Inhalten zum Thema Tierschutzhund – Was kommt auf mich zu? kannst du mehr darüber lesen, warum es für unsere Hunde nicht so einfach ist, sich unserem Leben anzupassen.
Auch wenn ein Kandidat oft den Anschein eines unsicheren Hundes macht, es wird sicher Situationen geben, in denen er sich vertraut und sicher fühlt. Damit du seine Unsicherheit angehen und erfolgreich trainieren kannst, lege viel Wert darauf, dass er ausreichend Erholung, Pausen und Spaß an den Orten und in den Momenten bekommt, in denen er durchschnaufen kann. Es geht nicht um viele, sondern um gute Lerngelegenheiten im Hundetraining – das gilt besonders für unsichere Hunde mit einem sensiblen Gemüt.
Unsere Hunde haben daher ganz viele Dinge, die ihnen im Alltag Sicherheit geben.
Vertraute Rituale und Routinen, z.B. Ruhezeiten nach dem Essen, in denen nichts Aufregendes im Haus passiert.
Eine Hunde-Oase als sicheren Rückzugsort.
Strukturen auf dem Spaziergang.
Ganz egal, wie lang dein Hund schon bei dir ist: Halte Ausschau nach den Momenten, in denen er wirklich in die Entspannung kommt. Mehr zum Thema “Die Magie des Entspannungstraining“ kannst du hier Nachhören.
2. Biete angenehme und vertraute Interaktion an
In schwierigen Momenten bitte keine Experimente! Aber, wenn du mit deinem Hund in regelmäßigen kleinen Trainingseinheiten Dinge übst, wie das Anfassen und Streicheln und er sie dort angenehm findet, dann kannst du genau diese Sachen anbieten, wenn du siehst, dass er unsicher wird. Das Anti-Stress-System für Säugetiere heißt Bindungsverhalten, also biete Bindung an.
Du hast eher den Typ Trickser, Jäger, Allesfresser an deiner Seite? Kein Problem, auch diesen Hunden, kannst du angenehme Interaktion anbieten, wenn sie sich unsicher fühlen. Mache seinen Liebslingstrick, spiele oder lasse Futter suchen. Setze in den herausfordernden Momenten nicht auf eine perfekte Interaktion, sondern belohne alles, was dein Hund annehmen kann.
3. Sei liebevoll, wertschätzend und achtsam
Zwangskuscheln und mitleidiges Trösten kannst du dir sparen. Das wird deinen Hund eher überfordern und die Unsicherheit verstärken. Doch wenn du deinen Hund mit einem liebevollen Lächeln freundlich zureden und auf ihn achten kannst, dann hilft das.
4. Atme durch und sage dein Mantra
Nein, alleine das, wird deinen Hund nicht beruhigen und ihm nicht helfen. ABER, wenn du einen klaren Kopf behältst, kannst du ihm viel besser helfen und das Richtige tun.
An dieser Stelle ein kleiner Verweis auf eines meiner Lieblingsmärchen: Wenn dir jemand einredet, dein Hund sei nur so nervös, weil du es bist, lasse den Menschen stehen. Dein Hund ist keine wabbelnde Masse, die deine Emotionen blind spiegelt. Vermutlich begünstigen sich eure Unsicherheiten gegenseitig, aber es ist nicht der eine schuld, dass der andere sich aus dem Konzept bringen lässt.
5. Es geht nur um dich und deinen unsicheren Hund
Gerade wir Frauen neigen dazu, uns viel zu viel Gedanken um das Denken der anderen zu machen. Das ist im Übrigen ein Grund, weshalb wir oft den Eindruck haben, dass unseren Männern das Training viel leichter gelingt bzw. sie es nicht brauchen. Die machen einfach und denken nicht in den Momenten, was der Nachbar denkt.
Deine Verantwortung liegt bei dir und deinem Hund. Ob der Typ von gegenüber das unmöglich, peinlich oder amüsant findet, hast du nicht in der Hand.
Ich bin immer total happy und beseelt, wenn ich Menschen sehe, die nett mit ihren Hunden sind, statt ungeduldig an ihnen rumzunörgeln. Gehe entweder davon aus, dass die anderen dir gegenüber genauso wertschätzend sind oder verbanne sie aus deinem Kopf. Dann hast du mehr Platz für dich und deinen Hund.
6. Schaffe euch gute Lerngelegenheiten
Du brauchst Gelegenheiten, in denen dein unsicherer Hund lernt zu erkunden, neugierig zu sein und sich auch mal leicht zu überwinden. Idealerweise immer mit Erfolg und einer Menge Eigeninitiative. Dafür lege ich dir meinen Podcast mit Spielexpertin Christina Sondermann ans Herz: “Spiel und Spaß mit Hund”!
Auch schöne Körperübungen sind hilfreich.
Dazu suche dir Chancen an den Rande der Situationen zu kommen, die euch bisher fordern. Vielleicht suchst du dir einen Ort, von dem du das bunte Treiben von Menschen aus sicherer Distanz mit deinem Hund beobachten kannst, wenn er Kummer mit Menschen hat?
Gute Lerngelegenheiten sind es immer dann, wenn du deinen Hund nicht überforderst und er in den Situationen gute Erfahrungen sammeln kann.
7. Lass einen unsicheren Hund gucken
Die Sicht ist ein wichtiger Fernsinn, wenn das Gelände offen ist. Hunde mit Unsicherheiten und Ängsten sichern sich gerne ab, indem sie die Umwelt scannen. Vor allem, wenn sie etwas vermuten, was ihnen Angst bereitet.
Bestehst du darauf, dass dein Hund zu dir guckt, statt in die Umwelt, nimmst du ihm die Möglichkeit sich abzusichern.
8. Nimm dir Zeit
Bei eurem Spaziergang geht es um Qualitätszeit, nicht um Strecke. Lass dir Zeit, damit dein Hund in Ruhe alle Reize aufnehmen kann. Lasse ihn schnüffeln, erkunden und sein Tempo wählen. Auch mit einem Hund, der bei Unsicherheit zu mehr Tempo neigt, baue Schlendern und Erkundung ein. Bei uns lautet die Regel: Wenn einer der Hunde nicht mehr am Wegesrand schnüffelt oder in Ruhe stehen bleibt und erkundet, ist es zu schnell. Dann bauen wir eine kleine, stationäre Pause zum Durchatmen ein.
9. Schenke deinem Hund Sicherheit durch Struktur
Auf deinen Standardstrecken baue die kleinen Pausenmomente regelmäßig an den selben Orten ein, so kommt dein Hund an den Stellen immer schneller zum Durchschnaufen. Nutze du das auch. Einmal Schultern hochziehen und fallen lassen, einmal durchatmen.
Wenn du siehst, dass dein Hund die Stellen nutzt, um sich zu wälzen, dehnen oder zu schütteln, weißt du, dass er gerade die Anspannung loslässt. Lobe das!
10. Unsicheren Hunden hilft oft ein erhöhter Stand
Gerade, wenn dein Hund unsicher auf andere Hunde oder Menschen reagiert, hilft es nicht selten, wenn er auf etwas raufklettern kann. Die erhöhte Position gibt Sicherheit, weil dein Hund einen besseren Überblick hat. Wenn es also in der Nähe Baumstämme gibt oder du die Wahl hast, ob du bergauf oder bergab ausweichen kannst – wähle die erhöhte Position und verharre dort Seite an Seite.
Ganz kleinen Hunden hilft oft schon ein Maulwurfshügel, so können sie weiter gucken.
Ich bin mir sicher, dass du etwas davon schon fast so machst und die anderen Tipps euch weiterhelfen. Schau dir auch gern meinen Artikel: “Bindung zwischen Mensch und Hund – Was du über die Mensch-Hund-Beziehung wissen solltest” an!
Willst du mehr davon? Dann schau dir gern meinen Kurs “Sicherheit schenken und Bindung stärken” an. Ich zeige dir, wie du die Bindung und das Vertrauen zwischen dir und deinem Hund förderst und ihm die Sicherheit schenkst, die er benötigt.
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