Die Welt aus der Sicht deines Hundes

Die Welt aus der Sicht deines Hundes

Kennst du die Sinneswahrnehmung deines Hundes?

Hast du Lust zu erfahren, was das Besondere an den Sinnen deines Hundes ist?
In dieser Podcast Episode gebe ich dir einen Überblick über die Wahrnehmung deines Hundes und warum du nicht zu schnelle Rückschlüsse ziehen solltest.

Erfahre ein paar Mythen rund ums Schnüffeln, warum dein Hund die Dinge anders sieht als du und wie du den Tastsinn nutzen kannst, um deinen Hund auszulasten.

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Transkript zur Podcast Episode

#48 Die Welt aus der Sicht deines Hundes – Kennst du die Sinneswahrnehmung deines Hundes?

 

In der heutigen Podcast Episode geht es um deinen Hund und die Perspektive deines Hundes auf diese Welt. Ich erlebe es immer wieder, dass Menschen, die bei mir im Training sind, das Gefühl haben: Hey, der Hund müsste das doch bemerken oder dass sie denken, er reagiert so, weil er etwas gesehen, etwas gehört, etwas gerochen hat. Und ja, das kann natürlich auch immer sein. Aber so richtig, richtig wissen wir es nicht, denn wir haben eine komplett andere Wahrnehmung als unsere Hunde.

Die Welt aus der Sicht deines Hundes
So wie du niemals behaupten würdest, dass du dasselbe siehst und hörst wie eine Fledermaus, so hörst und siehst du auch nicht dasselbe wie dein Hund

 

Selbst du und ich – wenn wir uns jetzt unterhalten würden und uns mal ganz genau damit beschäftigen würden, wie du “rot” oder wie du “grün” siehst, wie du ein Geräusch wahrnimmst – wir würden feststellen, wie unterschiedlich unsere persönliche Wahrnehmung ist. Bei unseren Hunden sind die Sinnesorgane teilweise auch noch anders und natürlich bewertet auch jeder anders die Reize, nicht nur jeder Hund anders als der nächste, sondern natürlich auch der Riesenunterschied zwischen den Hunden und uns.

Die Welt aus der Sicht deines Hundes
Der Sehsinn deines Hundes

 

Fangen wir mal an mit dem Sehsinn deines Hundes. Hunde können sehr, sehr gut Kontraste sehen. Sie können sehr, sehr gut Bewegungen sehen, viel besser als wir. Wenn du z.B. das Gefühl hast, jemand spannt sich an – dein Hund sieht haargenau sozusagen, welcher Gesichtsmuskel sich im Gesicht verändert. Das ist einer der Gründe, weshalb sie uns so viel aus dem Gesicht ablesen können, weil sie wirklich jedes Muskelzucken wahrnehmen. Sie sind absolute Minimalisten in ihrer Körpersprache, so ist ein Schließen der Augen oder ein Zurücknehmen des Körperschwerpunkts für sie z.B. ein sehr deutlich deeskalierendes Verhalten oder Konfliktverhalten. Für uns ist es häufig so, dass wir es überhaupt nicht wahrnehmen und schlicht und ergreifend überrennen.

Du kannst es dir also in Sachen Körpersprache so vorstellen, als wärst du super gut hörend und wärst umgeben von lauter Menschen, die schwerhörig sind und ihr Hörgerät vergessen haben. Das heißt, alles schreit sich im Prinzip an und die kleinen Nuancen deines Hundes gehen vielleicht unter. Und deswegen werden viele Hunde dann auch zügig nachdrücklicher in ihrer Körpersprache.

Beim Sehen gibt es allerdings noch einen ganz großen Unterschied zu uns, nämlich dass sie viel, viel weniger weit gucken können als wir, wenn Bewuchs vorhanden ist. Sie sind einfach viel weiter unten und wenn du dich mal auf den Bauch legst, siehst du, dass du häufig nicht mehr viel siehst bzw. nicht mehr weit siehst. Deswegen stellen viele Hunde sich z.B. mit den Vorderpfoten irgendwo drauf und sei es nur der nächste Maulwurfshügel, damit sie besser in die Ferne gucken können.

Denn der Sehsinn ist definitiv ein wichtiger Fernsinn, um eben herauszufinden, was konkret in den nächsten Minuten passiert bzw. womit zu rechnen ist.

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Die Augenposition

 

Dann gibt es bestimmte Hunderassen wie z.B. Collies die sehen im Nahbereich so zwischen 70 Zentimeter und 1.40 Meter vor sich sehr, sehr schlecht und sehr unscharf. Das liegt schlicht und ergreifend daran, wie ihre Schädelform ist und da kannst du mal ganz genau gucken, wie die Schädelform deines Hundes ist. Hunde können bis zu 270 Grad sehen. Das heißt, sie sehen, wie Pferde auch ohne Kopfbewegung nicht was hinter ihnen passiert, sondern sie haben einen guten Rundum-Winkel, aber eben das Hinterteil können sie nicht sehen. Du weißt ja, 360 Grad. Wer einmal komplett drumrum und ein 90 Grad Bereich hinten fehlt ihnen. Ob Sie tatsächlich 270 Grad sehen können, hängt von ganz, ganz vielen Faktoren ab. Nämlich zum Beispiel davon, wo ihre Augen am Schädel sitzen.

Wenn du jetzt so den klassischen Kopf eines Herdenschutzhundes dir anguckst, der ist relativ rund. Der Hund hat relativ kleine dreieckige Ohren und zwar durchaus Fell, aber wenn er wirklich im Einsatz ist, also wirklich für den Einsatz selektiert, ist dann auch nicht zu viel Fell. Denn ganz viel Plüsch am Hals sorgt dafür, dass man weniger gut gucken kann. Es ist schlicht und ergreifend im Weg, genauso wie große Schlappohren dabei stören könnten. Oder wenn wie z.B. beim Collie die Augen viel viel weiter vorne sitzen im Kopf.

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​Der Bewuchs und die Form deines Hundes

 

Also sowohl die Augenposition macht einen Unterschied als auch der Bewuchs deines Hundes, die Form deines Hundes um die Augen herum. Ob er tatsächlich 270 Grad gucken kann. Wenn nicht, muss er eben den Kopf drehen, damit er das, was hinter sich passiert noch sieht. Und mach dir an der Stelle bewusst, alles, was hinter deinem Hund, konkret hinter deinem Hund passiert, muss er primär mit den Ohren begreifen, mitbekommen. Und deswegen ist es z.B. so super effektiv, wenn du dich beim Loben, wenn du deinen Hund umdrehen willst, weil er irgendwas anguckt, beim Loben weckdrehst, Weil er schlicht und ergreifend hört, dass sich die Schallwellen verändern und sich dann umdreht, um zu gucken, was hinter ihm passiert. Das heißt, du kannst das damit stimulieren, dass wenn dein Hund etwas anguckt und du willst, dass er sich davon abwendet, dann lob ihn und dreh dich dabei weg. Und es wird vermutlich, wenn du die Leine locker hast, dazu führen, dass er kurz hinter sich guckt und dann hast du dein Abwenden.

 

Die Augen sind ein ganz wichtiger Fernsinn

 

Ganz, ganz, ganz großer Hinweis an der Stelle nochmal: Die Augen sind ein ganz wichtiger Fernsinn und sie helfen deinem Hund, die Umgebung im Blick zu halten. Je mehr dein Hund das Bedürfnis hat, irgendwo zu stehen und zu gucken, vielleicht auch erhöht zu stehen und zu gucken, desto mehr weißt du, dass ihm dieses Sicherheitsbedürfnis wichtig ist. Und es ist ein Grund für mich, weshalb wir nicht viel über das klassische “Schau”, wo der Hund den Menschen anschaut arbeiten, sondern die Hunde viel in die Umwelt gucken lassen, damit sie eben ihr Sicherheitsbedürfnis stillen können und wir ihnen dann bei der Bewertung von dem, was sie sehen, zur Seite stehen können, sodass sie lernen das, was sie sehen, tut ihnen nichts bzw. sie lernen mit uns zusammen dem aus dem Weg zu gehen oder es eben neugierig zu erkunden.

Weiter ist es so, dass wir häufig sagen: Ja, ich will, dass wir Nasenarbeit machen und er soll seine Augen nicht einsetzen. Das halte ich für totalen Blödsinn. Ich überlasse meinen Hunden ganz bei der Sucharbeit welchen Sinn sie gerade am besten einsetzen können. Denn das mit dem Riechen hat auch definitiv Nachteile. Und wenn dein Hund Dinge sucht, soll er doch vor allen Dingen finden und dabei Freude haben. Und dann überlassen wir es doch ihm, wie das für ihn am leichtesten geht.

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Hunde sehen kein “rot”

 

Hunde sehen im Übrigen kein “rot”, wie wir. Das brauchen sie auch nicht. Da sie früher eher in der Dämmerung morgens und abends gejagt haben, brauchten sie es, dass sie Bewegungen gut sehen können, dass die Kontraste gut sehen können, damit sie sehen, wenn sich das Wild irgendwo bewegt. Aber in der Dämmerung ist es eben so, dass das Rot zuerst verschwindet bzw. als letztes auftaucht und gar nicht nützlich für sie gewesen wäre. Deswegen sehen sie rot nicht gut. Und deswegen sieht z.B. ein roter Ball, den du für deinen Hund wirfst, einfach aus wie eine weitere Grünschattierung auf der Wiese. Und das kann ein Grund sein, weshalb dein Hund den nicht gut findet. Wenn du mit deinem Hund Beschäftigung über die Augen machen möchtest, dann setzt doch Dinge ein, die sich leicht bewegen z.B. Fähnchen. Setze Dinge ein, die gute Kontraste haben schwarz, weiß oder auch als Farben blau und gelb. Die kann dein Hund nämlich auch sehr gut sehen.

Vorausgesetzt, die Struktur hebt sich vom Boden ab. Das ist eben das Thema der Kontraste. Wenn sich Dinge stark abheben, starken Kontrast zur Umwelt bilden, dann sieht dein Hund sie schneller und das Gehirn deines Hundes sucht sozusagen immer nach Abweichungen vom Rest. Das heißt, da machst du es ihm einfach und Suchen mit den Augen, oder Augenarbeit sozusagen, kann richtig, richtig viel Freude machen. Gerade für die Hunde, die gerne auf Sicht jagen und die dabei gerne Tempo aufnehmen. Ich liebe an der Stelle z.B. Targetarbeit über Fähnchen, wo ich den Hund richtig weit schicken kann und er dann auch mal Gas geben kann.

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Der Hörsinn deines Hundes

 

Ein weiterer, ganz wichtiger Sinn deines Hundes haben wir jetzt schon mal angesprochen, ist der Hörsinn. Hunde hören ganz andere Bereiche als wir sie hören z.B. Ultraschallfrequenzen viel besser als wir und damit können sie z.B. Wildtiere orten. Wenn dein Hund eine Geräuschangst hat oder unsicher reagiert, wenn er laute, dröhnende Geräusche hört, dann kann das unter anderem daran liegen, dass diese Ultraschallbereiche eben nicht sehr weit tragen und die aber einen Zusammenhang zu der Ortung der Tiere haben oder der Geräusche haben. Und diese weit entfernten dröhnenden Geräusche z.B. Flugzeuge sind für deinen Hund sehr schwer zu orten, weil eben der Ultraschallbereich nicht so weit trägt. Sie hören sehr gut, sie hören andere Bereiche als wir.

Wir sind da nahezu gehörlos gegen unsere Hunde. Und trotzdem kann ich dir nur empfehlen, deine Signale nicht zu flüstern, sondern laut und deutlich mit deinem Mund zu sprechen, wenn du etwas von ihm möchtest. Du sollst ihn nicht anschreien, du sollst aber auch nicht im Flüsterton mit ihm reden. Das macht keinen Sinn. Ja, weil dieses Flüstern ist halt für deinen Hund schwieriger aus der Umwelt rauszufiltern. Und wenn du was von deinem Hund willst, dann sag doch das klar und deutlich, was du willst und formuliere es auch so, dass dein Hund es gut hören kann. Ich spreche total gerne in ganzen Sätzen mit meinen Hunden. Das nimmt ein bisschen Druck raus. Das nimmt den Kommandoton raus. Es gibt ihnen Zeit, sich vorzubereiten, dass ich was von ihnen will. Ich betone aber auch, was ich will. Also ich sage dann z.B.

  • Kannst du sitzen? Ja, das heißt, “Das kannst du” ist die Vorbereitung. Mein Hund weiß schon, ich will was von ihm. Und das “Sitzen” hebt sich gut ab.
  • Oder kannst du dich hinlegen? Das heißt, ich kommuniziere mit meinen Hunden total gerne in ganzen Sätzen. Sie können das super differenzieren. Ich achte darauf, dass ich meine Signale trotzdem laut und deutlich gebe.
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Die Beschaffenheit der Hundeohren

 

Was dein Hund hört, hängt z.B. auch hier wieder davon ab, wie seine Ohren beschaffen sind. Klassischerweise haben Hunde, Wildhunde ohne großartige Selektionsgeschichte auf Optik, Stehohren. Stehohren die aussehen wie umgedrehte Tütchen, also so Papier- oder Pommestütchen. Deswegen nennen wir die Pommestüten. Dein Hund kann die sehr weit drehen, beobachte das mal was dein Hund alles, auch wenn er Schlappohren hat, mit dem Ohrenansatz kann. Das ist echt der Wahnsinn. Und er kann sie dementsprechend in die richtige Richtung für sich ausrichten.

Er kann auch die Ohren unterschiedlich ausrichten. Schlappohren sind natürlich eine Form der Schalldämmung und es hat schon seine Gründe, dass beim Cockerspaniel z.B. häufig sich die Gehörgänge später öffnen als bei anderen Rassen, weil der Gehörsinn, das Hören beim Cockerspaniel durch die dicken Schlappohren gar nicht so ein wichtiger Reiz ist, wie zum Beispiel der Sehsinn. Das heißt, die dicken Schlappohren können das Hören beeinträchtigen und da ist es wichtig, dass du mit deinem Hund auch deutlich kommunizierst.

Ich bin aber eher ein Freund von klarer, deutlicher Kommunikation. Wir müssen es uns im Leben nicht extra schwer machen. Was für deinen Hund immer zum Beispiel als erregungssteigernd oder auch als unangenehm gewertet wird, sind z.B. Zischlaute. Deswegen ist es eben so, dass wenn du über eine Sprühflasche oder einen Sprühhalsband arbeitest, das für deinen Hund so unangenehm ist und eben nicht nur ein bisschen Wasser ist, sondern ein Schreckreiz ist, weil plötzlich auftretende Zischlaute, eben evolutionär bedingt auch durch Schlangen bedingt, für deinen Hund Gefahr bedeuten und dadurch eben leicht angstauslösend sein können bis zu stark angstauslösend und auch gleichzeitig erregungssteigernd. Wenn du also dein Problem mit Erregung hast, solltest du auf jeden Fall auf Zischlaute verzichten und auch dann auf Zischlaute verzichten, wenn du möchtest, dass dein Hund dich nicht mit angstauslösenden Reizen verknüpft.

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Schmecken & Riechen

 

Kommen wir weiter zum Schmecken und Riechen. Das packen wir mal zusammen. Es hängt beides beim Hund zusammen mit dem Jacobsonschen Organ, oder auch Vomeronasalen Organ. Und das kennst du, das sitzt hinten oben im Gaumen deines Hundes. Und wenn du z.B. einen Rüden hast, der noch total auf andere Hundespuren steht, dann schmeckt der z.B. indem der Urin aufnimmt und sich das so mit der Zunge oben an den Gaumen schmatzt. Dann reibt er das sozusagen in das Jacobsonsche Organ, um es besser schmecken zu können. Und dieses Jacobsonsche Organ hat auch viel mit dem Schnüffeln deines Hundes zu tun.

Übrigens riechen Hunde nur dann richtig, richtig gut, wenn sie schnüffeln. Ansonsten riechen sie immer noch deutlich besser als wir. Aber nicht so gigantisch gut, denn vorne in der Nase sind nur Rezeptoren für wirklich biologisch wichtige, elementar überlebenswichtige Geruchspartikelmoleküle wie zum Beispiel Sachen, die Angst auslösen – Wehrhaftes Wild als Beispiel, und alles andere muss über schnüffeln, also über ganz schnelles hintereinander weg einatmen, hoch in die Nase gezogen werden, damit es überhaupt an die Riechzellen kommt und dieses hoch in die Nase einziehen sorgt dafür, dass dein Hund parallel nicht hecheln kann und auch die Sauerstoffversorgung sich verändert.

Das heißt schnüffeln ist jetzt gerade im Sommer eine extrem belastende und anstrengende Aufgabe, die wirklich auf den Herz-Kreislauf geht und nicht unbedingt nur entspannend, sondern vor allen allem erschöpft. Schnüffeln ist deswegen für deinen Hund gefährlich, gegebenenfalls auch, zumal auch sein Hören beeinträchtigt wird durch die Schnüffelgeräusche. Es ist übrigens ein Mythos, dass Hunde wie Bloodhounds und Co. besser riechen, weil die großen Ohren die Geruchsmoleküle besser innehalten, sondern die kleinen Schlitze an der Nase deines Hundes, die sorgen dafür, dass dort die ausgestoßene Luft wieder entweicht und nicht vorne vor die Nasenlöcher kommt, wo die Luft wieder eingesogen wird, damit dein Hund nicht immer verbrauchte Luft ausatmet.

Der Grund, weshalb Bloodhounds und Co. häufig eben diese super Leistungen bringen, ist, dass die großen Schlappohren dafür sorgen, dass nicht so viel Reize über den Sehsinn verarbeitet werden müssen, weil die wie Scheuklappen links und rechts runter baumeln. Schnüffeln ist übrigens nicht alleine selbst belohnen – das wird ja gerne behauptet Schnüffeln macht Spaß. Wenn Schnüffeln aber nie zum Erfolg führt, führt es in der Tat weniger. Das heißt, auch hier darf dein Hund gerne attraktive Sachen schnüffeln. Du darfst ihn gerne dafür belohnen, wenn er das macht. Und vor allen Dingen gib ihm Zeit, wenn er am Wegesrand schnüffelt, um sich zu informieren, was da los ist. Oder auch um Zeit zu schinden, damit ihr nicht näher an einen anderen Hund dran lauft. Ganz wichtiger Effekt.

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Der Tastsinn unserer Hunde

 

Ein Sinn, den ich richtig, richtig, richtig liebe und der häufig untergeht, ist der Tastsinn unserer Hunde. Unsere Hunde tasten nicht nur mit den Pfoten oder fühlen mit der Haut, sondern sie haben dafür auch wirklich viele Vibrissen im Gesicht. Und wenn du die Vibrissen kürzt und schneidest, dann nimmst du ihnen einen ganz, ganz wichtigen Bestandteil eines Sinnesorgans.

Und deswegen sind die Vibrissen, wenn du mal Hunde beobachtest, die einen Kong ausschlecken oder sich mit einem neuen Spielzeug beschäftigen – die streichen ganz oft mit dem Kinn drüber. Dadurch ertasten sie es. Du kannst an Vibrissen erkennen oder Indizien finden, ob dein Hund Schmerzen hat. Dann stellen sich häufig die Vibrissen weiter auf, um sich einfach schneller vor Berührungen zu schützen. In der Dunkelheit finden sie sich damit zurecht und die Vibrissen sind ein richtig wichtiger Bestandteil der Sinnesorgane deines Hundes.

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Tastsinn findet in jedem Muskel statt

 

Aber in jedem Muskel deines Hundes, in bestimmten Muskelfasertypen findet auch Tastsinn statt, nämlich die permanente Frage sozusagen:

  • Muss ich mich ausbalancieren?
  • Stehe ich noch sicher?
  • Was befindet sich unter meinen Pfoten?
  • Welche Tiefenmuskulatur muss ich anspannen?
  • Wie gleiche ich hier aus?

Und das ist richtig fette Kopfarbeit und auch Körperarbeit, die richtig viel Spaß macht. Die häufig vergessen wird. Die extrem anstrengend ist. Vor allen Dingen, wenn du sie in slow motion machst und die total faszinierend ist. Das heisst, von der Muskulatur werden permanent Informationen weitergegeben, auf jeden Fall bis in den Rücken ins Rückenmark, gegebenenfalls sogar noch bis ins Gehirn, die ausgewertet werden, wo dein Hund blitzschnell Informationen bekommt, ob er jetzt die Pfote mehr belasten oder weniger belasten sollte, wo er Muckis anspannen sollte et cetera.

Das siehst du z.B. wenn du deinen Hund mal in einem Bach waten lässt jetzt im Sommer, wie sehr der tastet mit den Pfoten, wie vielleicht auch die Pfoten ein bisschen weiter aufspreizt. Du siehst es, wenn du ihn klettern lässt, über Stock und Stein gehen lässt. Da ist richtig, richtig viel drin. Und dieses Tasten mit den Pfoten und Ausgleichen über die Pfoten, das nennt man Propriozeption. Und das ist ganz, ganz anspruchsvoll für deinen Hund und eine wunderbare Übung, um Stabilität, Balance, Körpergefühl und Sicherheit beim Ausbalancieren zu stimulieren.

Ich liebe das, wenn du mit deinen Hunden zum Beispiel so Parkoure machst, wo unterschiedliche Untergründe zum Einsatz kommen oder aber auch wo dein Hund langsam verschiedene Dinge ertasten kann, sich darauf wippend ausbalancieren muss, was nicht zu schwer sein sollte –  denn denkt dran, es geht hier wirklich um “in der Ruhe liegt die Kraft” und das ist für deinen Hund ein ganz, ganz wichtiges Informationsfeld.

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Reize bzw. Reizpakete für unseren Hund

Jeder Auslöser, den du so im Alltag kennst. Jeder andere Hund, jeder Fahrradfahrer, jedes Wild. Alles, was du so an Reizen kennst, ist eigentlich nicht ein Reiz, sondern ein ganzes Reizpaket, bestehend aus optischen Reizen, Geräuschen, Gerüchen. Und wir nehmen es komplett anders wahr als unser Hund. Deswegen ist häufig die Frage: “Warum macht er das?”…für uns gar nicht zu beantworten, sondern in der Sekunde, wo wir sagen: “Ja, der reagiert aber nur auf Rüden!” Oder: “Immer wenn das und das der Fall ist”, behaupten wir etwas, was wir nicht wissen, sondern was sich in unserer Erfahrungs- und Wahrnehmungswelt aufbaut, aber was missachtet, wie viel aus der Wahrnehmungsblase unseres Hundes wir gar nicht mitbekommen, gar nicht sehen.

Deswegen sei vorsichtig damit, solche pauschalen Äußerungen zu treffen, sondern lerne lieber die Körpersprache deines Hundes lesen, bevor du jemanden entgegen brüllst: Ist es ein Rüde oder ist er kastriert? Lerne die Körpersprache deines Hundes lesen, dann bist du viel viel mehr auf der sicheren Seite und du bleibst bei euch. Und das wird dein Training richtig dick voranbringen und deine Spaziergänge absolut entspannen, weil du eben nicht mehr den Horizont scannst, sondern stattdessen auf deinen Hund guckst.

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Dingen entziehen sich deinem Sinnesspektrum

 

Alles, was neu ist, alles, was plötzlich auftritt. Alles, was unangenehme Emotionen auslöst. Das ist für deinen Hund eher bedrohlich und wird die Erregung steigern, wird Angst- oder sogar Aggressionsverhalten auslösen. Und darauf kannst du auf jeden Fall setzen. Und neu heisst halt nicht nur, dass ist ein Hund und er kennt noch keine Ridgebacks als Beispiel, sondern auch der Hund riecht komisch. Vielleicht hat er gerade ne Entzündung. Vielleicht hat er etwas Komisches gegessen. Vielleicht hat er sich in etwas Fieses gewälzt oder ist desinfiziert worden. Aber vielleicht riecht der einfach komisch. Und wenn dein Hund dann Konflikte mit anderen Hunden hat und keine Strategien damit umzugehen, dann kann es sein, dass er da eben doof drauf reagiert.

Wenn du also merkst, dass dein Hund anders reagiert, als du erwartet hast, dann könnte es schlicht und ergreifend sein, dass es sich deinem Sinnespektrum entzieht und du weißt, dass du in Zukunft noch mehr auf die Körpersprache deines Hundes achten kannst, um solche Sachen vorzusehen, hervor zu bringen und auch früh genug gegebenenfalls gegenzusteuern.

In diesem Sinne, ich hoffe, diese Folge hat dir Spass gemacht. Wir haben heute mal eine ganz andere Perspektive und gar nicht so viel Trainingsperspektive. Und ja, ich hoffe du konntest was für dich und deinen Hund daraus mitnehmen. Freue mich, wenn du auch beim nächsten Mal wieder einschaltest. Und ich freue mich natürlich, wenn du auch unseren Newsletter abonnierst und dich so über alles von uns auf dem Laufenden hältst. In diesem Sinne wünsche ich dir einen wunderbaren Sommer voll toller Beschäftigung. Der Hitze angepasst. Bis dann und höre mal wieder rein.

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