Der perfekte Rückruf

Der perfekte Rückruf

Freilauf – das große Ziel in vielen Trainings. Die Abgabe der Kontrolle und das Loslassen des Hundes ist eine enorme Herausforderung für die meisten Menschen. Kein Wunder, denn je länger wir die Leine in der Hand hatten, je mehr Erfahrungen wir gemacht haben, dass es gut war, eine Sicherung am Hund zu haben, desto utopischer erscheint es uns, diese Sicherheit aufzugeben. Ich verstehe das ausgesprochen gut, bei uns hat es Jahre gedauert – meinen Weg in den Freilauf kannst du hier nachlesen

Der Wunsch: Ein perfekter Rückruf, bei dem der Hund immer sofort angebrettert kommt. 

Utopie! Es gibt kein „perfekt“, wenn Lebewesen gemeinsam in der Umwelt unterwegs sind. Zumindest nicht, wenn perfekt für dich bedeutet, dass dein Hund in 100% der Fälle sofort kommt. 

Wann immer wir den Hund in den Freilauf lassen, gehen wir Risiken ein. Nichts und niemand kann dir 100% Kontrolle versprechen. 

Doch mit einem richtig guten Training, kannst du sehr nah drankommen. Wie du deinen Rückruf richtig angehst, erfährst du in den kommenden Schritten:

Der perfekte Rückruf

Trainiere an der lockeren Leine

Und zack, da ist sie wieder: die gute alte Leinenführung. Wenn du willst, dass Signale im Freilauf funktionieren, darfst du sie im Vorfeld an lockerer Leine proben. Lockere Leine ist für mich nicht das gleiche, wie Fuß laufen. Es geht nur darum, dass die Leine lose hängt, während du übst. Das darf auch eine längere Leine sein. 

Wenn eure Leinenführung noch nicht ideal ist, schau doch mal bei unserem kostenfreien Einführungskurs “Endlich Laufen an lockerer Leine!” vorbei.

Hilfsmittel für deinen Rückruf?

Neben Geschirr, Leine und Belohnungen brauchst du erstmal nichts. Eigentlich. Ich trainiere auch einen Rückpfiff, weil ich Hunde mit einem großen Radius habe und meine Stimme hier bei Bewuchs und Hügeln nicht unbedingt so weit trägt. 

Dazu bin ich ein Fan von GPS-Trackern. Ich verwende aktuell, dass von Tractive*. Fressnapf will auch eines im Herbst 2021 auf den Markt bringen, mal sehen, ob ich das auch teste. 

Belohnungen sind der Schlüssel

Dein Rückruf soll deinen Hund von vielen Dingen weg, hin zu dir bringen. Diese Dinge sind spannend, anziehend und machen Spaß. Statt auf eine Belohnung zu setzen, die alles übertrumpft, setze ich darauf den Rückruf mit allen Bedürfnissen zu verknüpfen, von denen ich meinen Hund wegholen will.

Bei den Dingen, die wir nicht zulassen können, beispielsweise das Hetzen von Wild, baue ich Alternativen bei mir auf, z.B. eine Suche auf Sicht, bei einem Sichtjäger oder auch ein Hetzspiel mit mir. Deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt – solange es euch Spaß macht und ihr niemanden in Gefahr bringt. 

Das kann ein Hetzspiel sein, schwimmen, buddeln, Futter suchen und finden, in einer Pfütze planschen, Wildspuren entdecken, Schafsköttel zum Wälzen und noch vieles mehr. In meinem Blogartikel “11 Fragen und Antworten zu Belohnungen im Hundetraining” erfährst du mehr dazu, wie du deinen Hund belohnen kannst.

Gerade, wenn du einen jagdlich motivierten Hund hast, sei hier kreativ. Mehr zum Thema “Jagende Hunde” erfährst du in Podcast Episode #58 mit der Jagdhundeepertin Ines Scheuer-Dinger – hör hier gerne rein!

Der perfekte Rückruf

Warum ich nicht „die Jackpot-Belohnung“ einsetze?

Bei einem Jackpot setzt du auf eine extreme Wichtigkeit für deinen Hund, das hat aber auch Kehrseiten:

Deinem Hund ist der Jackpot so wichtig, dass er dafür alles tun würde?

Das birgt die Gefahr, dass mein Hund Dinge tut, um an die Belohnung zu kommen. Hat er erst einmal raus, dass es der Rückruf ist, rennt er vielleicht los, um gerufen zu werden…. 

Der Jackpot für den Rückruf erfüllt ein echtes Bedürfnis für deinen Hund?

Heißt im Umkehrschluss, dass du das Bedürfnis nicht befriedigst, wenn du nicht rufen musst. Die Erfüllung seiner Bedürfnisse ist jedoch wichtig für sein Wohlbefinden.

Deine Jackpotbelohnung ist super, aber nicht das, wofür er alles tut?

Wann immer du auf EINE Belohnung für etwas setzt, setzt du auch darauf, dass das Erhalten der Belohnung deinen Hund motiviert. Ist das, was er gerade tut oder verfolgt wichtiger, bist du damit machtlos. Das gleiche gilt, wenn er gerade nicht das Bedürfnis hat, deine Belohnung zu erhalten, z.B. weil es Futter ist, er aber gerade Bauchweh hat. 

Mit einem Belohnungspotpurri hast du einen Effekt, der nicht zu unterschätzen ist: Die Überraschung!

Denk an die Vorfreude der Weihnachtsbescherung – das ist es, was deinen Rückruf richtig pusht. Braucht aber natürlich mehr Beobachtungsgabe, damit du nicht zu oft daneben liegst. 

Der perfekte Rückruf

Signale, Signale, Signale – setze nicht nur auf einen Rückruf

Wir haben einen richtig gut trainierten Rückruf, der aus zwei Elementen besteht. 

Das erste Signal richtet die Aufmerksamkeit meiner Hunde auf mich und verlangsamt, das zweite holt sie zu mir zurück. Beide werden separat trainiert und mit unterschiedlichen guten Belohnungen verknüpft. Zusammengesetzt trainiere ich sie eher selten, dann aber mit einer Mischung aus verschiedenen Highlight-Belohnungen. 

Doch ich setze nicht nur meinen eigentlichen Rückruf ein. Wir haben eine ganze Litanei an Signalen, die meine Hunde wieder zu mir bringt, dazu gehört z.B. der Handtouch, bei dem die Hundenase meine Hand „abklatscht“. Theoretisch kannst du auch eine „Pfote geben“ einsetzen. Diese Abwechslung macht Spaß, schont den eigentlichen Rückruf und hält den Kopf fit. Wichtig ist, dass es Signale sind, die dein Hund mit angenehmen Konsequenzen verknüpft hat und die ihn zu dir bringen.

Lade deinen Hund ein

Für Hunde ist es leichter, sich anzunähern, wenn deine Körpersprache einladend und freundlich ist. Wenn deine Vorderseite frontal auf deinen Hund ausgerichtet ist oder du dich vorbeugst, ist das für ihn eher distanzierend. Du teilst ihm mit dem Körper ein „geh weg“ mit, während deine Stimme „komm her“ sagt. Das löst einen Konflikt aus und lässt den klugen Hund eher auf Distanz oder in einer zögerlichen Annäherung. Dabei willst du ihn doch rasch zu dir ranholen. 

Achte auf eine lockere Körperhaltung und drehe dich lieber ein wenig ab, statt dich deinem Hund zu. So machst du es ihm leichter, sich schnell und dennoch höflich anzunähern. Denn frontale Annäherungen sind unfreundlich, teilweise sogar bedrohlich. Mehr dazu kannst du in meinem Artikel „Hundekontakte hinterfragt“ lesen. 

Der perfekte Rückruf

Viel hilft nicht viel

Ich liebe es, mit meinen Hunden zu trainieren. Unser Training macht Spaß, vertieft die Bindung und bringt uns voran. Im Training werden eine Menge Bedürfnisse befriedigt. Und trotzdem:

Bei jedem Gassigang haben meine Hunde mind. 70% der Zeit für ihre Bedürfnisse ohne mich. Das heißt nicht, dass sie tun und lassen können, was sie wollen. Sondern in einem bereits erarbeiteten Rahmen ihren Beschäftigungen nachgehen können. Sie schnüffeln, buddeln, klettern. Mal sind sie flott, mal langsam, mal nah bei mir und mal etwas weiter weg. 

Ich bin ein Fan von wenigen und dafür richtig guten Wiederholungen! Deswegen trainieren wir maximal 30% der Gassizeit und jedes Mal, wenn wir auf die Umwelt reagieren müssen oder ich die beiden lenken muss, damit kein Blödsinn passiert, ziehe ich es von den 30% ab.

Die Schleppleine als Hilfsmittel – nicht als Lösung

Wenn dein Hund und du sich nach und nach dem Freilauf widmen wollen, kommt eines Tages der Punkt, an dem du die Leine abmachen oder loslassen darfst. 

Oft wird auf dem Weg eine Leine schleppen gelassen. Doch Obacht, das Schleppen von der Leine birgt Gefahren. Ein Hund im Freilauf kann damit hängen bleiben. 

Und das auch außerhalb deiner Sicht. Dein Hund wäre nicht der erste, der irgendwo still wartend im Gebüsch hängt.

Dazu kommt, dass jedes Hängenbleiben, wie ein Ruck an der Leine ist. Das gleiche gilt, wenn jemand versehentlich darauf tritt. Ungesund und schmerzhaft.

Das Schleifen der Leine ist zudem nicht ideal für den Bewegungsablauf. 

Deswegen lasse die Schleppleine nur schleppen:

als Übergangslösung für ein paar Tage zum Üben.

mit einem GPS Tracker am Hund, falls er irgendwo festhängt.

Der perfekte Rückruf

Tracker schützen nicht, geben jedoch Sicherheit

Ein GPS Tracker* verhindert nicht, dass dein Hund auf Abwege kommt, doch du findest ihn rascher wieder und kannst seinen Lauf live verfolgen. Ich bin immer wieder überrascht, wie nah meine Hunde sein können ohne, dass ich sie direkt sehe. 

Und es beruhigt mich ungemein, wenn nach dem Start meines Rückrufes die Distanz zu mir rasch geringer wird. 

Zurückkommen heißt nicht…

… Vorsitzen, neben dir stehen oder angeleint werden! Denk immer daran, dass es dir um ein Schnelles zu dir rennen geht, und belohne auch dies. 

Je mehr du nach dem Rückruf verlangst, desto weniger sind deine Belohnungen mit der Rückkehr verknüpft. Die Rückkehr lohnt sich also nicht.

Bei uns ist das Anleinen im Übrigen mit schöner gemeinsamer Interaktion verknüpft. Und ich leine nicht immer nach dem Rückruf an. So verhinderst du, dass die beiden Sachen in deinem und im Hundegehirn gekoppelt werden.

Der perfekte Rückruf

Du bist ein Sozialpartner, verhalte dich auch so!

Du willst, dass dein Hund auf den Rückruf freudig kommt? Dann spare dir Übungen, bei denen du dich versteckst, wenn er nicht reagiert! 

Wir sind eine Gruppe. Hunde leben in Gruppen, weil sie die Sicherheit der Gruppe brauchen. Wer sich versteckt, entzieht diese Sicherheit und arbeitet über Verlustängste. Damit bekommst du keinen sicheren und souveränen Hund, sondern eher einen mit Trennungsstress

Auch Übungen, bei denen Hilfspersonen deinen Hund festhalten und du dich entfernst, damit er nur ein Ziel (nämlich zu dir zu kommen) hat, sind durchaus kritisch zu betrachten. Du spielst an der Stelle mit seinem Vertrauen, seinem Sicherheitsgefühl und damit auch mit eurer Bindung. Vor allem, wenn er die Person nicht gut kennt oder sich in ihrer Anwesenheit nicht absolut sicher und wohl fühlt, kann das dumme Nebenwirkungen haben, die sein Verhalten gegenüber Menschen ändern können. Achte darauf, diese Spielchen nur zu machen, wenn du dir absolut sicher bist, dass du damit keinen Stress und keine Konflikte bei deinem Hund auslöst. 

Das heißt aber nicht, dass du zu deinem Hund hin oder stehenbleiben musst. Rufe deinen Hund, sodass er dich sicher hören kann. 

Wenn du dich entfernen willst, lass es ihn wissen, indem du dich beim Rufen schon beginnst wegzudrehen und zu entfernen. So kann der die Veränderung im Signal hören. 

Der perfekte Rückruf

Rückruf alleine reicht nicht für den Freilauf

Der Rückruf ist ein wichtiges Element, damit dein Hund in den Freilauf kann. Doch alleine ist er nicht ausreichend! Daneben gehören einige andere Trainingselemente dazu. Das Innehalten, wenn dein Hund Wild oder andere Dinge entdeckt, die er gerne näher untersuchen würde, ist ein wichtiger weiterer Aspekt. Auch trainiere ich mit meinen Hunden, dass sie an bestimmten Stellen auf dem Weg bleiben sollen und, dass sie Radfahrern oder anderen Menschen bitte aus dem Weg gehen. 

Solange dein Hund im Freilauf eine Gefährdung für sich oder andere Tiere und Menschen darstellt, lass die Leine dran!

Der perfekte Rückruf

Jeder Hund braucht einen Rückruf

Auch wenn es Hunde gibt, die vor allem an der Leine bleiben – ein Rückruf gehört zum Standardprogramm. 

Es kann dir immer passieren, dass du die Leine loslässt, sie reißt oder etwas anderes Dummes geschieht. Dein Rückruf ist dann Gold wert. 

Außerdem macht das Training viel Spaß und zahlt auf eure Beziehung ein. 

Und dennoch: Das Ziel lautet nicht, dass dein Hund immer und überall in den Freilauf soll. Sondern, dass du die Orte und Gelegenheiten nutzen kannst, an denen es möglich ist und einen sicheren Rückruf für den Fall der Fälle hast! 

Ansonsten kann man auch an der Leine viel Freude miteinander haben. Und wenn du und dein Hund noch keine Freude an der Leine haben, weil er zieht wie ein Ochse, dann hole dir hier mein 5 gratis Tipps für deinen Weg zur Leinenführigkeit.

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