Beschäftigung für schnell erregbare Hunde

Wie wäre es, wenn ich Dir verrate, dass Du auch mit einem echtem Raketenhund keine vollgestopften Terminkalender zur Auslastung brauchst? Wenn Du nicht von Hundestunde, zu Hundestunde rennen musst und vor allem kein Hund der Welt Hundesport braucht um glücklich zu werden?

Echt jetzt. Ich erzähl’ Dir jetzt ein Geheimnis, das keines bleiben sollte:

Hundesport ist ein Hobby für Menschen. Es hat nichts, aber auch gar nichts mit dem zu tun, was Hunde sich in ihrem Leben wünschen.

Und noch etwas: Wenn bei den Hobbys und Beschäftigungen (oder auch bei anderen Dingen) mit Druck gearbeitet wird, verschlechtert das nachweislich das Wohlbefinden Deines Hundes und erhöht den Stress – auch außerhalb des Trainings.

Was Dein Hund als “Druck” empfindet, ist individuell. Meiner Erfahrung nach sind gerade die ständig oder schnell erregten Kandidaten nicht besonders hart im Nehmen, sondern eher dünnhäutig. Auch, wenn das gerne mal anders dargestellt wird.

Wenn Du einen Hund hast, der im Alltag mit Erregungsproblemen zu tun hast, wird man Dir vermutlich bereits erzählt haben, dass Du den unbedingt ordentlich auslasten und auspowern musst. Und Du wirst auch das Gegenteil gehört haben, nämlich, dass der bitte nichts haben darf, was ihn aufregt oder die Erregung pusht. Er darf nicht spielen, rennen, schon gar kein Hundespielzeug haben. Stattdessen bitte nur ruhige Sachen, Ruheübungen und Entspannung.

Ich versichere Dir, beides ist Blödsinn. Viel zu pauschal und viel zu einseitig gedacht. Doch unsere Hunde sind facettenreich und das macht unser Leben mit ihnen so spannend und erfüllend. Ich liebe es, dass ich so zwei Charakterschnuten an meiner Seite habe und ich bin mir sicher, Du auch. Sonst hättest Du Dir ja auch einfach ein Kuschelkissen kaufen können. Das wäre billiger, pflegeleichter und weniger Zeitintensiv.

Ehe wir uns ansehen, welche Beschäftigungen für Deinen geölten Blitz Sinn machen, lass uns doch einfach mal von meiner Perspektive aus auf die Sache gucken.

Ich weiß:

  • Erregung ist nichts schlechtes. Sie ist gesund.
  • Hunde müssen Ruhe und Entspannung nicht lernen. Sie müssen erfahren, wann es ihnen guttut und sie sicher genug sind, sich in diese zu begeben.
  • Entspannung kann nicht erzwungen werden.
  • Die häufigsten Ursachen für Erregung mit unangenehmen Nebenwirkungen sind Frust, Konflikte und Überforderung.
  • Das Unterdrücken von Erregung macht krank und unglücklich.

Hast Du gerade fleißig genickt? Oder zumindest gedacht “Ach, schau mal an. Das ist ja spannend.” Dann bist Du bereit, Dich auf den Rest des Artikels einzulassen und ich freue mich, wenn Du weiterliest!

Das A&O bei Beschäftigung für schnell erregte Hunde:

Passe die Beschäftigung auf Deinen Hund an:

Idealerweise erfüllt sie seine echten Bedürfnisse und Du lernst diese zu erkennen und zu differenzieren, zu verstehen und Ersatz für die Bedürfnisse zu finden, die Du ihn nicht ausleben lassen kannst, wie Rehe hetzen oder Hasen packen. Das Thema Bedürfnisse ist kein kleines, es ist sogar ziemlich fett, weil es stetig im Wandel ist. Doch ehe Du Dich jetzt davon hemmen lässt und nicht loslegst, weil Du Angst hast, es falsch zu machen: Du lernst die Bedürfnisse Deines Hundes nur zu erforschen, wenn Du damit beginnst zu versuchen, sie zu erfüllen. Und selbst, wenn Du daneben greifst, wird es Euch eine Menge Freude machen und keinen Schaden anrichten. Sieh’ es als gemeinsamen Weg, auf dem Ihr Euch neu entdeckt und Eure Kommunikation verbessert.

Greife die Erregung Deines Hundes auf und lerne sie in der Beschäftigung zu lenken. Sie darf abfließen, hoch und heruntergehen. Es darf Vollgas dabei sein, wenn Du es in ein Warm Up und ein Cool Down integrierst, bei dem Du nicht nur an den Körper, sondern auch an sein Verhalten denkst. Schaukel bei Euren Beschäftigungen die Erregung leicht nach oben und lass Dir Zeit sie danach wieder abflachen zu lassen. Lass Deinen Hund nie plötzlich am Höhepunkt der Erregung stehen, das wäre wie ein “von der Klippe schmeißen”, sondern kullert Euch gemeinsam den Hang herunter und werdet Stück für Stück langsamer.

Baue Futter ein gerade, wenn Du einen jagdlich hoch motivierten Hund hast, schließe Spiel und Beschäftigung mit reichlich Futter ab. Es vollendet die natürliche Beutefangsequenz Deines Hundes und minimiert Frustration, weil es vorbei ist. Es ist, wie da Eis auf dem Heimweg von der Kirmes für kleine Kinder.

Rituale ja – starre Regeln nein, merke Dir diese Regel. Alles, was lange Wartezeiten, perfekte Ausführungen oder ähnliches beinhaltet, verpulvert die Selbstbeherrschung Deines Hundes und sorgt für eine höhere Impulsivität. Der Schlüssel sind gute Rituale zum Start und zum Ende, sowie für Pausen um dem ganzen einen guten Rahmen zu geben. Bei meinen Hunden und mir endet jedes Spiel und jede Beschäftigung mit einer kleinen Futtersuche, jeder Start mit dem Erkunden des Ortes und einem Lieblingstrick, wenn die Hunde mit dem Ort fertig sind. Wartezeiten lassen sich mit Futtersuchen, Schnüffelteppichen oder Erkundungstouren überbrücken, ohne, dass wir die Geduld des Hundes über Warteübungen überstrapazieren.

Lass Deinem Hund Zeit anzukommen und den Ort an dem ihr tolle Sachen machen wollt erst erkunden. Genau das ist schon der erste Teil der Beschäftigung. Es gibt ihm Sicherheit und er kann alle Sinne und seinen Körper nutzen um.

Finde die Balance zwischen gemeinsamer Interaktion und eigenständigem Handeln. Hunde haben ein natürliches Bedürfnis nach sozialer Verbundenheit und eigenständigem Erkunden und Entdecken. Die Mischung macht es.

Stelle Trainingsziele hinten an. Auch, wenn wir über Beschäftigung viele Kompetenzen aufbauen und fördern können, zunächst sollte es darum gehen, die Bedürfnisse Deines Hundes zu stillen und damit sein Wohlbefinden zu stärken. Wenn Du Dich zu sehr auf ein Ziel fokussierst, rutschen die Bedürfnisse Deines Hundes nach hinten.

Bedürfnis befriedigende Beschäftigung für schnell erregbare, frustrierte oder unsichere Hunde findet idealerweise alleine mit Dir oder in einer Gruppe von max. vier Hunden statt. Alles andere macht es für den Hund sehr konfliktträchtig und kostenintensiv.

Diese Beschäftigungen kannst Du Deinem Alltag schnell integrieren um Deinen schnell erregbaren Hund zu unterstützen:

Erwartest Du jetzt die sensationellen Neuigkeiten. Das Gute kann so einfach und simpel sein:

Schlendern und schnüffeln.

Du brauchst eine Leine von min 3-5 Metern. Einen Ort, an dem Dein Hund viele Spuren entdecken kann und Zeit. Schlendere mit Deinem Hund. Bleib in Verlängerung seiner Rückenlinie stehen, sobald er die Nase an eine Schnüffelstelle senkt oder durch die Gegend guckt. Überhole ihn nicht, ermuntere ihn nicht zum Weitergehen. Wir schnüffeln, trotz einstiger heftiger Leinenaggression, die “Pipimeilen”, Wanderparkplätze und vieles mehr ab. Dabei geht es nicht um Strecke, sondern um Zeit. Falls Dein Hund das noch nicht kann, weil er immer losstürmt, kann er es lernen, z.B. in unserem 4-Wochen-Trainingsplan “Vom Raketenhund zur coolen Socke”

Futtersuchen auf unterschiedlichen Höhen.

Futtersuchen sind einfach, wenn Du sie nicht mit Warteaufgaben versiehst, spricht nicht gegen sie. Aber wer sagt, dass sie immer nur auf dem Boden stattfinden? Verstecke Futter in kleinen oder großen Mengen dreidimensional:

  • in Regalen oder Baumrinde auf Hundenasenhöhe oder leicht darüber
    • Aufgespießt an Sträuchern.
    • Unter größeren Ästen, Steinen, Kartons.
    • Gestreut in Laub und Wiese
    • Eingeknotet in alte Jeans oder Handtücher
    • …..

Hilf Deinem Hund nicht. Beobachte ihn beim Suchen und wenn er Dich erwartungsvoll ansieht, weil er nichts findet, verstecke noch ein wenig mehr. Wir beenden über einen Lieblingstrick. Wenn meine Hunde nichts mehr finden und mich ansehen, ich aber nicht mehr verstecken will, frage ich den Trick ab und belohne ihn. Danach gehen wir weiter.

Schlecken, kauen, kullern – Futter als Beschäftigung

Kauen entspannt nicht per se, auch schlecken nicht oder das Spielen mit einem Futterball. Aber, wenn Dein Hund etwas davon gerne macht und sich damit eigenständig beschäftigen kann, setze es ein. Hunde sind in der Natur weitaus länger mit dem Nahrungserwerb beschäftigt, als das Verputzen eines Napfes braucht. Du darfst dieses Zeitfenster gerne mehr ausschöpfen.

Klettern und glotzen

Dein Hund liebt Erhöhungen oder das Beobachten von der Umwelt. Gib ihm Zeit dafür. Bleibe mit ihm stehen, belohne ihn, wenn er klettert. Lass ihn eigenständig entscheiden, wie weit er geht. Erhöhte Positionen geben Sicherheit, oft lieben besonders unsichere Hunde es, auf erhöhten Positionen die Welt zu beobachten.

Spielen mit und ohne Hundespielzeug

YES – Spielen ist ausdrücklich erlaubt. Auch mit Hundespielzeug! Denk an ein Warm up, ein cool down und das Abschließen mit Futter. Übe Dich im Spielen, damit Du Deinem Hund das Spielzeug nicht mit fiesen Tricks abnehmen musst. Gerade hier geht es um das “WIE”. Wenn Dein Hund und Du gerne spielen: Mach’ es und lasst es Euch nicht wegnehmen. Wenn Ihr gerne spielen würdet, es aber noch nicht gut könnt, kommt in den Zirkel und lernt es!

Über Stock und Stein entdecken lassen

Nichts ist wichtiger, als freie, weitgehend unregelmentierte Erkundungszeit. Ob in Form unseres “Bommelns” eines speziellen Leinenspaziergangs, den Du im Zirkel lernen kannst oder im Freilauf. Nichts macht Hundeaugen glücklicher, als ein schönes Umfeld angstfrei zu entdecken.

Willst Du mehr Beschäftigungsideen, Anleitungen und Unterstützung dabei Deinen Hund zu verstehen und mit ihm gemeinsam zufriedener zu leben? Dann komm in den Anders mit Hund Zirkel.

Du willst uns erstmal beschnuppern, ob wir die richtigen für Dich und Deinen Hund sind? Dann empfehle ich Dir für Dich und Deinen schnell erregbaren Hund:

Ich freue mich auf Dich!

Anders mit Hund Zirkel
Frau spielt mit Collie und Ball
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