So erkennst Du stress bei deinem hund
Stress beim Hund ist ein Thema, das oft diskutiert wird. Und das nicht ohne Grund. Denn der Begriff „Stress“ bedeutet für jeden etwas anderes. Wir empfinden ihn anders und sind unterschiedlich empfindlich. Es ist nie die Situation oder ein Reiz stressend, sondern es ist die Bewertung durch das (Hunde-) Gehirn. Das Ausdrucksverhalten ist daher Dein einziger Indikator, um Stress beim Hund zu erkennen.
Die Herausforderung dabei ist jedoch, dass es kaum allgemein gültige Stressanzeichen gibt. Oft sind es Körpersprache und Situation, die gemeinsam Aufschluss geben.
Die zuverlässigsten Stressanzeichen beim Hund habe ich Dir hier zusammengefasst.
Wenn Sabber klebt und schäumt
Bereitet sich der Körper auf die sogenannte „Kampf- oder Flucht-Reaktion“ vor, wird der Speichelfluss für die Verdauung unterbrochen. Dieser ist klar und flüssig. Es wird nur noch die Bildung von sogenanntem mukösen (zähflüssigen) Speichel angeregt. Das hat zur Folge, dass der Speichel nicht mehr tropft, Deinem Hund also nicht mehr das Wasser im Mund zusammen läuft, sondern der Speichel in gelartigen Fäden hängt. Bei zusätzlichem Hecheln wird das Gel wie Eiweiß aufgeschlagen und wird zu Schaum.
Wir Menschen neigen in stressigen Situationen meistens zu einem trockenen Mund.
Klebriger, gelartige Sabber ist also ein wichtiges Indiz für Stress, während tropfendes Wasser eher auf eine Futtererwartung hindeutet. Wenn Du Dich nach Deiner Heimkehr immer wieder über Sabberfäden in der Bude wunderst, deutet das z. B. auf Trennungsstress hin.
Trennungsstress ist ein durchaus komplexes Thema und würde hier den Rahmen sprengen, daher habe ich Dir hier einige Informationen dazu verlinkt:
Podcast Episode #22
Blogartikel “Mein Hund kann so schwer alleine bleiben”.
Für noch mehr Wissen und Tipps zum Thema, sieh Dir den Onlinevortrag Alleine bleiben ohne Trennungsstress an.
Hecheln ohne Verdunstungszunge
Die Zungenform ist ein guter Hinweis auf Stress beim Hund. Je kleiner und wellenförmiger die Zunge Deines Hundes beim Hecheln ist, desto unwahrscheinlicher, dass Dein Hund damit wirklich die Temperatur ausgleicht. Zum Thema Hitze und Hecheln habe ich Dir hier etwas geschrieben.
Als Stressindizien kannst du dir merken:
Die Zunge bleibt beim Hecheln im Fang und wird nicht Stück für Stück über die Zähne geschoben.
Die Zunge bleibt nach oben gewölbt, waagerecht und hängt nicht einfach, wie ein Lappen aus dem Fang.
Je mehr Muskelspannung du in der Zunge erkennst, desto mehr weist die Zunge auf Stress hin und Anspannung hin.
Dein Hund zittert
Muskelzittern – auch Tremor genannt – kann ein Anzeichen sein, von:
großer Anspannung
Krankheit
Überanstrengung
Erschöpfung
Kälte
Beinahe alle Gründe gehen in der Regel mit Stress beim Hund einher. Muskelzittern sollte Dich daher die Situation immer genauer unter die Lupe nehmen lassen. Das Zittern kann der Hund im Übrigen nicht bewusst steuern.
Immer wieder höre ich, dass es rassebedingt zu diesen hohen Anspannungen kommt. Doch glaube mir, auch ein Terrier zittert nicht ohne entsprechende Anspannung. Ob die Anspannung stressig ist, hängt dann davon ab, wie der Hund die Situation bewertet. Der Anblick eines Kaninchens kann durchaus stressen, wenn man weiß, dass man am Verfolgen und Packen gehindert wird.
In Podcast Episode #45 erfährst Du, wie Du Überforderung bei Deinem Hund erkennen kannst.
Einfrieren – freeze
Auf einmal ist Dein Hund komplett bewegungslos. Nichts rührt sich mehr. Kennst Du das? Das ist das Einfrieren. Das Gehirn erkennt keine passende Verhaltensstrategie bzw. kann sich nicht entscheiden und es passiert einfach NICHTS mehr.
Dieses Verharren braucht nicht nur eine hohe Körperspannung, sondern die fehlende Entscheidungsmöglichkeit ist definitiv Ausdruck von Stress. Konflikte sind immer unangenehm und lösen damit auch Stress aus. In Konflikten sehen wir viele unterschiedliche Verhaltensweisen und auch häufig Lautäußerungen und sogenanntes Übersprungverhalten.
stress abschütteln
Das Schütteln wird meiner Erfahrung nach im Übrigen gezeigt, wenn eine Situation vorüber ist und der Stress abklingt. Wenn Dein Hund sich schüttelt und er nicht gerade nass geworden ist, lohnt es sich also einen Moment innezuhalten und sich die Situation zu merken. Irgendwas hat ihn vorher gestresst! Natürlich kannst Du nicht alles wahrnehmen, was er wahrnimmt, aber vielleicht erkennst Du ja die vermeintlichen Ursachen.
Schrille oder tiefe lautäusserungen
Jeder unserer Hunde hat verschiedene Intonationsmöglichkeiten beim Bellen. Besonders schrille Töne deuten auf Angst hin, tiefe eher auf Aggression und sehr rhythmische, mit sich verändernden, nahezu überschlagenden Tönen nach oben oder unten, auf Frustration.
Angst und Aggression sind unangenehme Emotionen, Frustration ist ebenfalls unangenehm. Wir könnten Frustration auch Enttäuschung nennen. Je nach Typ geht sie stärker mit Angst oder Wut, einem starken Anstieg von Erregung und Bellen oder eher dem Rückzug und der Lethargie einher.
All diese Empfindungen machen Stress.
Ich könnte Dir noch eine gigantische Liste an Stressanzeichen schreiben. Das Doofe daran ist, dass viele von ihnen nicht so eindeutig sind und nur eine Kombination aus ihnen wirklich Aufschluss bietet.
Als Hundehalter:in ist es unsere Aufgabe ein gutes Maß zu finden, Stress frühzeitig zu erkennen, Abhilfe zu schaffen und für Ausgleich zu sorgen. Vor allem jedoch ist es unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass unsere Hunde möglichst wenige Situationen in unserem Alltag als „Stress“ bewerten und ihnen entsprechende Strategien beizubringen.