Darf man Hunde blocken?
Das Blocken wird heiß diskutiert und ich werde immer wieder gefragt „Darf man das?“. Zwischen Hundehalter:innen und Trainerkolleg:innen darf ich wilde Diskussionen verfolgen, ob das nun „halb so schlimm“ oder „ein absolutes No-Go“ ist.
Ein Grund das Ganze näher zu durchleuchten!
Was bedeutet eigentlich Blocken?
Blocken ist ein körpersprachliches Element, welches angewendet wird, um Hunde auszubremsen, einzugrenzen oder abzuwehren. Es setzt darauf, dass durch die Körpersprache des Menschen, der Hund bestimmte Distanzen wahrt oder einnimmt. Dafür dreht der Mensch in der Regel seine Körperfront, also seinen Vorderbereich, zum Hund.
Das Ziel des Blockens ist, den Hund zu stoppen, zu distanzieren oder auch zu verwarnen.
Wie funktioniert Blocken?
Es setzt auf Hemmung. Vielleicht kennst du es: Dein Hund rennt in Richtung Hase oder Katze, diese drehen sich um und dein Hund stoppt und stutzt. Dieser Effekt ist normal! Denn alles, was sich schnell von vorne nähert – oder dies andeutet – ist potenziell gefährlich, bedrohlich und deutet eine Attacke an. Das gilt auch beim Blocken. Es ist also eine Hemmung und setzt auf Einschüchterung. Je nach Hund, Persönlichkeit, Situation und Erregung braucht es dafür ein deutliches Blocken oder ein weniger vehementes Vorgehen.
Die Nebenwirkungen und Gefahren beim Blocken
Hunde, die sich schnell einschüchtern lassen, werden auf das Blocken schnell und einfach reagieren. Anders sieht es bei Hunden aus, die in Konflikten eher die Konfrontation suchen und in Aggressionsverhalten fallen. Hier gehst du das Risiko einer Attacke ein.
So oder so setzt du bei dieser Trainingsmaßnahme auf Druck und Einschüchterung. Deswegen ist Blocken bei uns nicht das Mittel der Wahl.
Wo ist der Unterschied zwischen Splitten und Blocken?
Das Splitten ist eine körpersprachliche Form, um zwei Individuen voneinander zu trennen, die sich, meist in nicht freundlicher Absicht, begegnen bzw. gegenüberstehen. Beim Splitten stellt oder bewegt sich ein drittes Individuum zwischen den beiden anderen durch und unterbricht so die Situation.
Der Unterschied ist hier primär in der Körperausrichtung, manchmal auch in der Spannung. Beim Splitten wird die Körperfront nicht auf ein Individuum ausgerichtet. Die Bewegungen sind zwar durchaus zielgerichtet, aber weich. Es ist nicht das Ziel zu bedrohen oder zurechtzuweisen und dementsprechend wird auch kein Druck aufgebaut.
Wenn du splitten willst, achte auf eine deeskalierende Körpersprache. Drehe dich keinem der Hunde direkt zu. Du kannst zum Beispiel Hüfte oder Schulter leicht eindrehen und den Blick vor dir auf den Boden oder an einen Punkt vor dir richten.
Welche Alternativen gibt es?
Das kommt darauf an:
Welche Situationen?
Fremde oder vertraute Hunde?
Was ist das Ziel?
Wann immer es um den Aufbau eines Stoppens geht, z.B. beim Sport, sind meine Favoriten Targets oder andere Wege um das Verhalten ohne körpersprachlichen Druck aufzubauen. So macht dem Hund der Sport mehr Spaß, die Erregung bleibt geringer, als bei Druck und Frust und der Mensch lernt eine Menge über das Lernverhalten und die Körpersprache seines Hundes.
Für mich macht Blocken keinen Sinn: Meinem eigenen Hund kann ich Verhalten anders beibringen und bei einem fremden Hund kann ich die Antwort nur bedingt einschätzen. Wenn du nun an das „Fernhalten fremder Hunde” denkst: Auch hier ist Blocken nicht meine Wahl, genauso wenig wie Schreien, Pfefferspray (oh ja, ich kenne Menschen, die das machen oder anderen damit drohen). Wie ich das löse, kannst du hier lesen.
Und ja: Ich finde es auch kacke, wenn ungewollte Begegnungen zustande kommen. Meine Devise ist nur nicht Gewalt, Pöbeln und Streit. Ich bin nicht da um zu missionieren oder anderen ungefragt die Welt zu erklären. Ich habe in dem Moment die Aufgabe für mich, meine Kunden und meine Hunde zu sorgen und das tue ich nicht, indem ich „hart“ durchgreife. Damit mache ich die Situation – auch für meine (Kunden-) Hunde – bedrohlicher.
Wenn es um Hund-Hund oder Hund-Mensch Konflikte geht, ist meine Devise entspannend, splittend oder deeskalierend einzugreifen. Das funktioniert auch, wenn ich einen Part des Konfliktes nicht kenne. Und manchmal macht es auch richtig Sinn, dass ich einfach das Feld verlasse und meinen Hunden damit die Möglichkeit gebe, mit mir den Rückzug anzutreten.
Wenn mir solche Konflikte und Begegnungen regelmäßig passieren, ist es meine Aufgabe, das „Warum“ zu hinterfragen. Zumindest, wenn ich nicht einfach motzen und das Opfer sein will, sondern, wenn ich was ändern will…
Aber auch ich habe schon mal geblockt. Reflexartig bei einer Attacke eines Hundes auf eines unserer Pferde auf der Weide. Zum Glück? Ich weiß nicht. Immerhin weiß ich nicht, ob er nicht doch noch kurz davor gestoppt hätte. Es war nachhaltig: Der Hund duckt sich noch immer leicht, wenn er unsere Pferde oder mich sieht. Schöner wäre es für alle, wenn er gelernt hätte, gelassen an den Pferden vorbeizugehen, statt zu „kuschen“. Sicherer auch, denn wenn eines unserer Pferde mal unbewusst seine Hemmschwelle überschreitet, wird er sicher wieder reagieren.
Dein Ziel ist einfach deinen Hund, bei einem Verhalten zu unterbrechen oder anzuhalten? Dann wähle auch hier nicht das Blocken! Denn es gibt keine Alternativen vor. Es gibt die Möglichkeit, gute Verhaltensunterbrecher aufzubauen, die deinen Hund nicht hemmen und die Bahn freimachen für neue Strategien. Mit gutem Training ist das gar nicht so schwer und in dem Zuge kannst du auch gleich daran arbeiten, dass es nicht mehr regelmäßig notwendig wird!
Wenn es dir einfach nur um das Anhalten geht, kannst du ein Sitzen, Stehen, Anhalten auf Distanz aufbauen. Auch das ist nicht so schwer.
Aber ich habe doch gar nicht geblockt
Oft höre ich, dass Menschen der Meinung sind, sie haben nicht geblockt. Meine Antwort dazu ist knackig: Wenn du dich mit der Körperfront zu deinem Hund drehst, um ihn zu stoppen, oder er es so interpretiert – dann hast du geblockt.
Dabei ist es egal, ob du ihn für einen Sport, z.B: beim Longieren oder Apportieren oder als „Erziehungsmaßnahme“ ausbremst. Sobald die Bremse durch die Körperfront angezogen wird, setzt du auf Hemmung.
Wenn bei deinem Hundesport das frontale Vorsitzen wichtig ist, dann trainiere es ohne zu blocken, mit einer weichen Körpersprache und einer Menge Belohnungen. Achte darauf, dich nicht groß und steif vor deinen Hund zu stellen, wie bei einem Appell und lächle entspannt, wenn du ihn anguckst, damit du nicht in ein grimmiges Konzentrationsgesicht fällst. Meines macht manchmal sogar mir Angst!
Ein häufiger Vorgang, bei dem wir den Hund mit unserer Körperfront bremsen, ist das Aussteigen aus dem Auto. Und gerade hier könnte man es, mit etwas Übung beim Handling und einer guten Sicherung wirklich gut vermeiden!
Hunde können lernen, dass diese frontale Position nichts Schlimmes ist, grundsätzlich ist sie aber erst einmal eine Schwierigkeit und es ist unhöflich auf diese Art auf jemanden zuzukommen. Ein Grund, weshalb viele Hunde beim Rückruf noch einen kleinen Bogen laufen, wenn ihr Mensch schaut, wo sie bleiben.
Und wenn ich versehentlich blocke?
Dann ist das so! Ich bin schon so oft meinem Mann oder einem Hund plötzlich im Türrahmen begegnet und beide haben sofort gestoppt oder ich habe mich versehentlich plötzlich frontal zu einem Hund ausgerichtet, weil ich ihn vielleicht nicht einmal dort vermutet habe.
Unsere Hunde können (und sollten) lernen, damit umzugehen. Wenn du merkst, dass du es getan hast und dein Hund minimale Reaktionen zeigt, sprich ihn freundlich an, entspanne deine Gesichtsmuskulatur und drehe dich etwas seitlich. Das entspannt die Situation.
Unsere Minnie hatte massive Probleme, auf uns zuzugehen, wenn sie direkt von vorne kam. Wir haben es mit ihr geübt. Dabei ging es mir vor allem um Situationen, in denen ich mit beiden Hunden rückwärts aus einer Situation raus will und mich nicht sofort drehen kann, sondern erst, wenn beide Hunde mitkommen. Bei diesem Training auf einem Seminar ist dieses Bild entstanden.
Wenn du genau hinsiehst, siehst du Stresssymptome an Minnie. Der Fang ist geöffnet, die Zunge innen, die Augen halb geschlossen, der Ohransatz hinten-unten. Auch das Hinsetzen hat sie gemacht um die Distanz wieder zu vergrößern und den Körperschwerpunkt von mir wegzunehmen. Wir haben das Training deswegen angepasst. Ich stehe nicht mehr mit beiden Füßen nebeneinander, sondern drehe die Hüfte gleich ein, Minnie bekommt die Belohnung seitlich. Das fällt ihr leichter, ist höflicher und das Training war einfacher. Warum soll ich es einem sensiblen Hund schwer machen?
Keine Frage: Parallel haben wir weiter daran gearbeitet, dass sie robuster wird!
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Hi, ich bin Anne. Gründerin von “Anders mit Hund” und der Anne Bucher Akademie. Meine Vision ist es, dass jede:r Hundehalter:in kompetente Unterstützung an der Seite hat um ein bedürfnisorientiertes Leben mit Hund:en zu führen! Ich freue mich, wenn ich deine Unterstützung sein darf!
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Guten Tag
Spannender Text. Besten Dank.
Mich würde interessieren, ab welcher Situation sie bei freilaufenden Hunden (eigener Hund und Fremder) splitten würden. Wir hatten nun schon ein paar mal folgende Situation. Beide Hunde frei. Entgegenkommender Hund beginnt zu fixieren, duckt sich und schleicht an, sichtliche Versteifung. Manchmal brausten sie auch an. Unser Hund ist in solchen Situationen eher ängstlich und bleibt hinter uns stehen oder flieht rückwärts. Natürlich beginnt dann das Mobbing Spiel. Wir versuchen unseren Hund so gut es geht zu schützen und gehen leicht dazwischen. Knie ein wenig raus, zischlaut. Wir möchten unserem Hund Schutz bieten und eine entspannte Hundebegegnung ermöglichen. Handeln wir korrekt oder sollen wir es einfach laufen lassen?
Gut kommen solche Interventionen bei den Besitzern fast nie an. Wir würden falsch reagieren, die Hunde würden das unter sich regeln.
Können Sie etwas zur geschilderten Situation sagen?
Beste Grüsse
Christof
Lieber Christof,
Sie können andere Menschen nicht ändern, Sprüche wie “die regeln das unter sich” kennen wir. Unter sich regeln können das nur Hunde, die entsprechende Strategien im Leben gelernt haben.
Das Zischen ist ja für Ihren Hund angenehm, es macht angeboren Angst und sorgt so für noch mehr Anspannung auf beiden Seiten, daher wende ich es nicht an. Beim “Knie dazwischen” kommt es sehr auf das WIE an, sodass ich alleine durch ihren Kommentar keine gute Antwort geben kann.
In meinem Artikel “SIEBEN DINGE DIE DU TUN KANNST, WENN FREILAUFENDE HUNDE IN EUCH REINDONNERN” können Sie sich einen Eindruck machen, wie wir es lösen. Vor allem das Wegdrehen und selber Distanz machen, hilft den meisten Hunden ungemein.
Wichtig wäre, dass Sie:
Herzliche Grüße und viel Freude beim Training,
Anne
Mein Hund ist 4 Jahre alt,ich habe ihn erst 4 Monate er ist sehr lieb und anhänglich doch er ist ein Angsthund.Beim Gassi gehen wenn uns andere Menschen begegnen hat er Angst und würde am liebsten weglaufen,was kann ich machen um meinenem Tier die Angst zu nehmen ? Er stammt aus Bulgarien und war in Deutschland bei einer Pflegefamilie von der ich ihn abholte.M.f.G. günter Storm
Hallo Günter,
vielen Dank für deinen Kommentar. Wichtig ist, dass du deinen Hund nicht in der Angst lässt, sondern Stück für Stück mit ihm übst, dass er keine Angst haben muss.
Bis dahin solltest du die Situationen in denen er starke Angst hat vermeiden und dafür mit ihm Orte und Situationen aufsuchen, in denen ihr gemeinsam Freude habt und du üben kannst, wie du ihn am besten unterstützt.
Bitte suche dir dafür professionelle Unterstützung von jemandem, der dir zeigt, wie du deinen Hund bestmöglich begleiten kannst. Mehr Infos zum Umgang mit Angst findest du in diesem Artikel https://annebucher.com/blog/keine-gewoehnung-bei-einem-angsthund