Ein Pflegehund dazu - Retten auf Kosten der eigenen Hunde

Ein Pflegehund dazu?
Retten auf Kosten der eigenen Hunde

Tierschutz fängt bei den eigenen Hunden an

Als Pflegestelle kannst du einem Hund eine Obhut auf Zeit bieten und damit einen Tierschutzverein aktiv unterstützen.

Doch was bedeutet es, Pflegestelle zu sein? Gemeinsam mit meinem Mann David habe ich diversen Pflegehunden ein Heim gegeben. Zwei davon sind bei uns geblieben.

In dieser Episode berichten David und ich dir gemeinsam über die Erlebnisse und Erfahrungen als Pflegestelle.
Für mich etwas ganz besonderes, denn normalerweise ist David bei uns eher im Hintergrund. Hier lässt er es sich nicht nehmen, dich an seiner Perspektive teilhaben zu lassen.

Höre gern rein oder lies das Transkript.

Du erfährst:

Was dich als Pflegestelle erwartet.

Worauf du dich vorbereiten solltest.

Was es für deinen Hund bedeutet.

Der Einzug eines Hundes, ob Welpe oder erwachsener Hund, ist immer etwas Besonderes. In diesem Blogartikel bekommst du mehr Infos, was mit einem Tierschutzhund auf dich zukommt.

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Transkript zur Podcast Episode

#52 Ein Pflegehund dazu – Retten auf Kosten der eigenen Hunde – Tierschutz fängt bei den eigenen Hunden an

 

[00:07] – Anne

Herzlich  willkommen zu einer neuen Podcast Episode von Anders mit Hund. Heute habe ich einen absoluten Special Guest, den du vielleicht schon ein bisschen kennst. In der Regel wirkt er bei uns eher hinter den Kulissen. Mit dabei ist nämlich heute mein Mann, Partner und sozusagen also Gefährte des Lebens David.

David und ich haben eine schon relativ lange gemeinsame Vergangenheit und haben in dieser Zeit auch immer wieder Pflegehunde aufgenommen. Genau darum soll es heute gehen: Nämlich um das Thema Pflegestelle. Schön, dass du da bist, lieber David.

[00:54] – David

Ja, ich freue mich auch sehr.

[00:56] – Anne

Der David hat sich gewünscht, bei diesem Thema dabei zu sein und euch sozusagen mal die Perspektive des Angehörigen mitzugeben, der so ein bisschen von der Ehefrau überrannt und überredet worden ist, als Pflegestelle aktiv zu sein. Hab ich das so richtig wiedergegeben, lieber David?

[01:16] – David

Ja, ich glaube schon.

[01:21] – Anne

Als wir zusammenkamen, hatte ich schon meine Golden Retriever Hündin Maggie an meiner Seite, die auch aus dem Tierschutz kam. Ich hatte schon länger das Bedürfnis wieder Pflegetiere aufzunehmen. Pflegepferde waren nicht mehr möglich. Und als wir dann umgezogen sind und einen eigenen eingezäunten Garten bekamen haben wir uns entschieden, dass wir auch wieder Pflegestelle werden wollen.

Ein Pflegehund dazu - Retten auf Kosten der eigenen Hunde
Was ist eine Pflegestelle und was ist die erste große Herausforderung?

 

Eine Pflegestelle ist eine Bleibe für einen Hund aus dem Tierschutz auf eine gewisse Zeit.

Die erste große Herausforderung ist, du weißt, wenn du Pflegestelle wirst nicht, wie lange diese Zeit ist. Das heißt, wie lange die Zeit ist, bis der Hund vermittelt ist. Und da gab es bei uns ganz, ganz unterschiedliche Zeiträume. Wir hatten einen Hund z.B. zu Pflege der hat zwei Jahre in der Auffangstation gesessen und galt als absolut schwer vermittelbar. Wie haben den genommen und eine Woche später ist er schon wieder ausgezogen. Umgekehrt hatten wir ein absolutes Goldstückchen in Pflege, der angeblich ganz, ganz schnell vermittelbar war und der war dann David, ein halbes Jahr?

[02:35] – David

Sogar noch etwas länger. Ja, ich weiß, es ist jetzt gar nicht mehr so ganz genau.

[02:40] – Anne

Ja, er war auf jeden Fall ein gutes halbes Jahr hier. Und das hat sich als echt schwierig gestaltet, dass er ein Zuhause findet. Und wenn du dann z.B. Urlaub ohne Hund geplant hast oder vielleicht auch Zeiten vor dir hast, wo du berufstätig unterwegs sein musst oder, oder, oder. Dann musst du halt von vornherein mit dem Tierschutzverein klären, dass die für die Zeit eine Notfallunterkunft haben oder eben deinen Tiersitter dafür einsetzen – Wenn du noch andere Tiere hast, deinen Hund nehmen und mit sittet und je nachdem was das für ein Hund ist, kann das schon mal eine ordentliche Herausforderung sein.

Also für uns war das immer ein Problem. Wir haben unsere Tiere nie gerne in eine Pension gegeben und da wir immer die Pflegehunde aufgenommen haben, die es schon sehr lange in einer Auffangstation gesessen haben, war das dann für uns auch teilweise wirklich ein Problem. Andere Betreuung zu finden. Was das noch ist, das ist natürlich für den Hund eine super Chance, anders an eine Familie zu kommen, als wenn er irgendwo im Tierheim sitzt oder im Ausland sitzt, weil er schon mal im häuslichen Umfeld leben kann.

Häufig kennen die Hunde das noch gar nicht und du kannst ihnen eben beibringen, im häuslichen Umfeld in einem für uns normalen Lebensumfeld zu leben. Man kann auch schon mal ihr Verhalten so ein bisschen einschätzen. Wie ist das, wenn der Hund im Haus lebt und er kann natürlich auch bei dir von Adoptanten  kennengelernt werden. David, wie war das für dich, wenn so potentielle Adoptanten zu Besuch kamen?

[04:07] – David

Also ich finde das erstmal ziemlich spannend, denen es dann auch so erzählen bzw. ich fand empfand das dann halt auch als sehr wertvoll, dass wir die Hunde dann schon entsprechend kennenlernen durften und man einfach von ihrem natürlichen Verhalten erzählen konnte. Im Endeffekt. Ja, konnte ich mir auch ein Bild von den Adoptanten machen, sprich ich hatte so ein bisschen im Hinterkopf mit Ja, kann ich mir super vorstellen, oder? Nein, kann ich mir jetzt vielleicht eher doch nicht so richtig vorstellen bei den Adoptanten, sprich unsere Pflegestellehunde sind mir natürlich dementsprechend auch schon ans Herz gewachsen, sodass ich sie auch an die ja  “richtigen Adoptanten” weitergeben wollte.

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[05:01] – Anne

Und wie war das für dich? Ich erinnere mich an so zwei, drei Besuche, wo wir echt ein bisschen Herzrasen hatten. Die Leute, die Hunde kriegen.

 

Wie war das für dich in dem Moment, wo du eben durch den Tierschutzverein kein Vetorecht hattest?

 

[05:17] – David

Ja, das fand ich eher schwierig. Also ich hätte da sehr, sehr gerne Mitspracherecht gehabt. Ich möchte jetzt nicht wirklich negativ sagen. Ich versuche gerade nur positive Worte zu finden.  Aber ja, in dem Fall empfand ich das definitiv als negativ  bzw. dass ich so überhaupt kein Mitspracherecht hatte. Es war nicht meins. Also definitiv. Es war nicht meins.

[05:58] – Anne

Für diese Vereine haben wir die Arbeit auch sehr, sehr schnell eingestellt. Das heißt, wenn wir kein Vetorecht hatten, dann wollten wir oder dass wir es offiziell hatten, aber dann de facto doch nicht. Dann haben wir für diese Vereine nicht weitergearbeitet, weil das für uns natürlich ganz wichtig war. Denn das darf dir wirklich bewusst sein:

Wenn du mit einem Pflegehund lebst, er wächst dir ans Herz.

 Der eine mehr, der andere weniger. Manchmal überraschen sie einen auch richtig. Und der, der eigentlich nur als Pflegehund kommt und wo man von vornherein sagt: “Nee, überhaupt nicht  meine Hundetyp, wie unsere Minnie, der bleibt dann auf einmal, weil er sich so richtig schön ins Herz rein geschlichen hat. Und dann kann so eine Abgabe auch wirklich manchmal schwierig sein. Und ich erinnere mich an eine Abgabe. Der Hund war sehr lange bei uns über ein halbes Jahr und. den haben wir beide sehr schweren Herzens gehen lassen, aber wir haben es uns gleichzeitig auch nicht zugetraut und ich glaube, der David hätte in dem Moment eigentlich lieber den Hund behalten als die Nayeli

[07:01] – David

Ja, also ich kann auch echt sagen, dass das hat mir in dem Moment ich kann das jetzt noch nachvollziehen, regelrecht mein Herz gebrochen, als ich das gemerkt habe, dass mir das erstens sehr schwer gefallen ist und das offensichtlich auch der Hund sich an uns gewöhnt hatte.

[07:18] – Anne

Er war schon einmal aus der Vermittlung zurückgekommen. Wir haben ihn dann nochmal vermittelt und wir haben ihn sehr weit weg vermittelt, nämlich nach München. Das sind von hier aus ein paar hundert Kilometer und normalerweise sind wir große Fans davon, dass die neuen Familien den Hund immer von der Pflegestelle abholen. Und in dem Fall war das nicht möglich und deswegen haben wir ihn dahin gebracht. Und wir sind extra übers Wochenende noch in der Nähe geblieben, weil wir waren uns ganz einig, wenn der Hund wieder dort nicht zurecht kommt und schon am Wochenende wieder Tendenzen zeigt, wie er die bei der vorherigen Vermittlung zeigt, dann holen wir ihn wieder ab und dann kriegen wir das irgendwie zusammen hin. Und ich glaube, ein bisschen haben wir beide gehofft, er kriegt es nicht hin. Und andererseits freuen wir uns. Wir haben bis vor einem Jahr hab ich wirklich noch regelmäßig sonntags abends SMS mit Fotos von ihm gekreist. Also es war die eigentlich unterm Strich die auf dem Papier schlechteste Vermittlung, die man je hätte machen können. Und unterm Strich war es, glaube ich, hinterher der glücklichste Hund, den wir je vermittelt haben.

[08:14] – David

Ja, das finde ich auch sehr spannend. Ich glaube auch, dass es eine der besten Vermittlungen war, die wir jemals hatten, also in dem Fall.

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[08:28] – Anne

 

Warum wird man überhaupt Pflegestelle?

 

Also wenn du darüber nachdenkst. Es gibt natürlich verschiedene Motivationen, die eine Motivation, wirklich die Lust am Helfen und die Lust daran, für den Tierschutz aktiv zu werden. Sei dir bewusst, dass du etwas machst, was für dich unkalkulierbar ist im Aufwand. Und dass du etwas machst, was dich auch emotional tatsächlich sehr, sehr fordert. Und schau dir da gut an. Wem du tatsächlich helfen willst und für wen du das Ganze machst.

Sei dir darüber bewusst, dass ein Hund, der aus dem Ausland oder aus einem komplett anderen Lebensumfeld zu dir kommt, dir vielleicht erst einmal überhaupt nicht dankbar ist, dass du ihn aufgenommen hast und dass das eben kein Hund ist, der sofort sagt Juhu, danke, dass ich hier sein darf.

Der zweite Grund, weshalb viele Leute Pflegestellen werden, ist, dass sie erst einmal ein Hund auf Probe haben wollen, dass sie sozusagen erst einmal Angst vor der vor der gesamten Verpflichtung haben bzw. die Aufnahme des Hundes auf Probe eine niedrigere Hemmschwelle hat, weil es ja sozusagen auf Zeit ist und man das Gefühl hat, dass man eben den Hund wieder abgibt. Das wird spätestens dann, wenn der Verein jemand Passendes gefunden hat, für dich aber auch schwierig, weil es sein kann, dass es dann für dich zu spät ist, sich zu entscheiden. Und deswegen warne ich da so ein Stück weit vor. David, was würdest du sagen? Es eine gute Motivation, um als Pflegestelle aktiv sein zu wollen.

[09:59] – David

 

Was ist deiner Meinung nach eine gute Motivation als Pflegestelle?

 

Also erstens sollte man definitiv Lust auf etwas Neues haben. Lust auf die Tier.  Ja, wenn er ordentliche Portion Tierliebe sollte auf jeden Fall mit dazugehören und ich glaube auch, man braucht so  ein bisschen Gelassenheit bei all dem, was einen da so erwarten kann und man weiß es halt nie wirklich vorher, was einem dann tatsächlich erwartet.

[10:36] – Anne

 

Liebe alleine reicht nicht

 

Gelassenheit finde ich super. Und wir sagen ja immer Liebe alleine reicht nicht. Retten alleine reicht nicht. Das heißt, du solltest dir darüber bewusst sein, dass du dich als Pflegestelle viel mit Hundeverhalten beschäftigen darfst. Dass dir eine Menge Arbeit entsteht. Vielleicht auch eine Menge Dreck. Es ist nicht gesagt, dass der Hund, der da kommt, stubenrein ist oder schnell wird. Auch in deiner Familie eine ganz, ganz große Bereitwilligkeit da sein muss, was dieser Hund eben für eine gewisse Zeit zu deiner Familie gehört und dann auch wirklich wie ein vollwertiges Familienmitglied behandelt wird.

Und das war bei uns. Je nachdem, was ich so angeschleppt hab. Wenn ich den David dann überredet habe, dass wir mal eben zwei Welpenwürfe aufnehmen zB. und dann das frisch abgeschliffenen Parkett auf einmal doch Pipi Flecken hatte, dann war das gar nicht immer so einfach für uns, oder?

[11:35] – David

Ja. Also ich erinnere mich noch gut dran. Es war definitiv nicht einfach, aber im Rückblick ist es. Also man darf sowas halt einfach nicht zu hoch werten. Und es gibt definitiv Wichtigeres im Leben und auch ich glaube einfach, wenn mein ganzes Umfeld, wie auch meine Sachen hier einfach mitleben oder mitleben dürfen, ist das was wundervolles. Und wenn auch Sachen, quasi Geschichtenerzählen.

[12:06] – Anne

Du meinst, es gibt etwas Wichtigeres als das Parkett.

[12:09] – David

Definitiv.

[12:10] – Anne

Okay. Ich dachte nur was Wichtigeres als das Pflegestellen-Dasein.

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Was für Herausforderungen erwarten dich als Pflegestelle?

 

Du merkst, der David spricht davon total begeistert im Rückblick. Trotzdem haben wir es aufgehört. Das heißt, du weißt, das es für uns an einem gewissen Punkt eben nicht mehr okay war.

Die großen Herausforderungen als Pflegestelle sind:

  • der Hund kommt in ein komplett neues Umfeld.
  • es kann sein, dass er noch nie richtig in einem Haus gelebt hat oder, dass er mit geschlossenen Räumen sogar schlechte Erfahrungen gemacht hat.
  • dass er total gestresst ist.
  • dass der nicht stubenrein ist.
  • dass du am Anfang nicht mit dem Gassi gehen kannst. Er kann dir die ersten Wochen oder Monate passieren.
  • es kann dir passieren, dass er nicht Autofahren kann.
  • dass der nach dem Transport auch erst einmal keine Lust auf enge Räume hat.
  • die Absprachen mit dem Verein können schwierig sein.

Bei uns war es z.B. so, dass wir immer gesagt haben, wir zahlen das Futter und die täglichen Kosten, weil wir einfach keine Lust hatten, es mit unseren Hunden auseinander zu rechnen. Aber wir mussten uns zum Beispiel für jede Tierarzt Untersuchung erstmal eine Freigabe holen. Also nicht nur bezüglich der Kosten, sondern auch bezüglich des “dürfen wir es”. Und ich habe mich an einen Fall, wo einer unserer Welpen eine Wespe geschluckt hat und ich dann theoretisch mit dem eben zwar in die Klinik fahren durfte, aber noch unterwegs den Verein informieren musste etc und, dass das eben dann doch auch nochmal eine Belastung sein kann.

Es kann richtig fette Überraschungen im Verhalten geben, also positiv wie auch negativ. Der eine Hund, von dem wir die E-Mail erzählt haben, der zwei Jahre in der Auffangstation saß. Der war nur eine Woche hier und der Grund, warum der so lange in der Auffangstation saß, da hieß es immer, dass der Katzen tötet. Dass der  massiv jagt, dass der totaler Hibbelhund ist.  Also es waren ganz viele Sachen. Auf keinen Fall zu Katzen, auf keinen Fall zu kleinen Kindern. Und dann war der hier. Nachdem der 2 -3 Tage Garten erkundet hatte und so ein bisschen zu Ruhe kommen ist, hatte der weder ein Problem mit unseren anderen Hunden. Das hieß nämlich auch noch noch mit den Katzen. Und da war das schlicht und ergreifend Frustration aus der Haltung vorher. Der hatte  2 Jahren mit Ausblick auf die Katzen Gehege dagesessen und war halt total unter stimuliert. Aber das ist eben die Ausnahme. Wir hatten eben auch die Fälle, die zu uns kamen und angeblich total süß und lieb sein sollten und wo es dann auch hier zu Hause erst mal zu Beißvorfällen kam. Denn je nach Stress und je nach Situation kann sich so ein Hunde verhalten eben massiv ändern.

[14:49] – David

 

Ich hätte mir mehr Unterstützung gewünscht

 

So einfach war das auf jeden Fall nicht immer.  Rückblickend hätte ich mich gefreut, wenn ich mich ein bisschen mehr vorbereiten hätte können, z.B. auch durch den Verein, also durch genauere Information  oder durch z.B. Informationen, die tatsächlich dann auch zutreffend sind.

[15:15] – Anne

Das ist für die Vereine ja immer schwierig, weil der Hund ja im neuen Umfeld ganz anderes Verhalten zeigt. Aber es ist eben so, dass  Pflegestellen häufig betreut werden von Hobbypersonen und nicht unbedingt von ausgebildeten Fachkräften, wie das immer so ein Ehrenamt ist. Und es war ja bei uns auch einer der Gründe, weshalb ich angefangen habe, mich so massiv fortzubilden, dass wir uns eben wirklich überfordert damit gefühlt haben.

[15:40] – David

Ja.

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[15:42] – Anne

 

Was für Herausforderungen erwarten deine vorhandenen Hunde?

 

David, was hattest du das Gefühl, waren die größten Herausforderungen damals für die Maggie als Hunde dazu kame, als Pflegehunde, also für unseren eigenen vorhandenen Hund.

[16:01] – David

 
Teilen ist schwer für deinen Hund

 

Also definitiv erst einmal das Teilen. Und zwar von Aufmerksamkeit, also unserer Aufmerksamkeit, die Maggie wir dann einfach war  nicht mehr das Einzelkind oder der Einzelhund, sondern hatte dann auf einmal größere Geschwister direkt mit an die Seite gestellt bekommen, die dann oh weh, oh weh nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch noch etwas zu essen bekommen haben von uns. Also sprich Ressourcen mussten auf einmal geteilt werden. Ich glaube, das war die größte Herausforderung für sie.

[16:39] – Anne

Und die Maggie war eigentlich der klassische “Tut-Nix-Retriever” zuhause und total problemlos. Bis zu einem gewissen Punkt.

[16:49] – David

Ja, ja, das schon. Nichtsdestotrotz war das natürlich auch eine Veränderung für sie und das hat man, auch wenn das erstmal nicht zu großen Problemen geführt hat. Trotz allem gemerkt es. Es war definitiv eine Veränderung für sie.

[17:05] – Anne

Also für dich da draußen. Die Maggie hatte überhaupt keine Begegnungsprobleme mit anderen Hunden, die Maggie hatte, konnte auch Freundin, die mit Hund zu Besuch kamen, konnte sie ganz gut meistern. Sie hatte keine Probleme mit Kindern. Die Maggie hatte teilweise Angst vor Menschen, die Maggie teilweise rückwärts durch Türen gelaufen und sie hat eben Ressourcen sehr charmant verteidigt, indem sie z.B. alle Spielzeuge zusammen geschleppt hat und sich dann drüber gewälzt hat. Wenn das ihre waren und solche Sachen.

Und trotzdem war das der Einzug vom ersten Pflegehund, den wir aufgenommen haben, das war eine ganz harte, nette Hündin, die schwere Misshandlungen vorher hatte, war für die Maggie schon Riesenherausforderung, sowohl beim Teilen von uns und Aufmerksamkeit. Die Maggie war nie ein Hund, der gerne im Bett geschlafen hat oder so. Aber trotzdem war es eben so: Auf einmal war es eben alles nicht mehr alleine.

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Wenn der Pflegehund als Eindringling gesehen wird.

 

Was auch definitiv der Fall ist, ist, dass z.B. der andere Hund wirklich als Eindringling gesehen werden kann.

Wir hatten das, als wir die Nayeli aufgenommen haben, haben die restlichen Hunde gesagt: “Du kommst hier nicht rein.”. Und Nayeli hat gesagt “Kein Problem, ich möchte eh gerne im Garten leben”. Da hatten wir wirklich damit zu tun, sowohl der Nayeli beizubringen, ins Haus zu gehen, als auch den anderen, dass die Nayeli ins Haus gelassen werden darf.

[18:25] – David

Das war für mich auch vollkommen neu, dass ein Hund einfach im Garten schlafen möchte oder bzw. im Garten wohnen möchte und überhaupt gar nicht ins Haus mag.

[18:39] – Anne

 

Die Rountinen verändern sich.

 

Für die Hunde ist es immer eine große Veränderung der Routinen. Denn wenn du mit dem Pflegehund zu Beginn nicht Gassi gehen kannst und nicht Autofahren kannst, ihn aber auch noch nicht alleine lassen kannst, dann ist da natürlich viel Organisation verbunden. Und je nachdem in welcher Lebenskonstellation du lebst, kann es sein, dass dein vorheriger Hund dann eben auch nicht so viele Gassigänge hat, dass ihr nicht so große Runden drehen kann, dass ihr vielleicht nicht dahin gehen können, wo es belebt ist und dadurch verändert sich sehr, sehr viel in eurem Alltag.

Wenn dein Pflegehund dann zusätzlich nicht stubenrein ist, dann sind es für dich so genannte perforierte Nächte, das heißt, du stehst gegebenenfalls mehrfach auf, du sorgst dafür, dass er sich nochmal lösen kann nachts. Und auch das ist für deinen aktuellen Hund gegebenenfalls eine Belastung, weil eben viel mehr Unruhe im Haus ist.

Für uns war es ganz wichtig damals, dass wir solche Sachen gemacht haben, wie z.B. die Hunde-Oase aufbauen, wirklich auch mit Trenngittern zu arbeiten, dass wir die Hunde jederzeit trennen können.

 

Unfrieden in der Hundegruppe

 

Wir haben ja auch eine lange Zeit gelebt mit einer Hundegruppe, die eben nicht friedlich miteinander war, wo wir wirklich schleusen mussten und Gitter dazwischen haben mussten. Und auch das kann dir passieren. Und das ist natürlich dann eine riesige Belastung für dich und die anderen Hunde. Wie war das damals für dich? David, wenn wir uns immer erst absprechen mussten, welche Tür auf, welche Tür zu.

[20:12] – David

Nun ja, also ich finde es definitiv sehr anstrengend. Im Rückblick habe ich die starke Belastung tatsächlich erst gemerkt, als die Situation vorbei war. Als quasi die Belastung von mir gefallen ist. Es war einfach anstrengend. Anstrengend und ich empfand das als sehr stressig und für mich und logischerweise war das natürlich nicht nur für mich, sondern es war für alle Beteiligten natürlich mit einem hohen Stressfaktor. Insbesondere für die Hunde, die sich nicht so wirklich leiden konnten.

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[21:03] – Anne

 

Pflegestelle sein ist kostenintensiv – aber auch wunderschön!

 

Das heißt, du merkst, Pflegestelle zu sein ist definitiv mit Kosten für die eigenen Hunde verbunden. Und mit Kosten für die gesamte Familie. Und diese Bereitschaft muss bei dir da sein, die muss bei deiner Familie da sein und es ist natürlich deine Aufgabe für die vorhandenen Hunde oder den vorhandenen Hund oder auch Katzen, für einen Ausgleich zu schaffen. Und so ist es z.B. so, dass alle Türen wo die Katzen rein dürfen haben Katzenklappen, wegen der Pflegehunde und wir hatten immer die Grundregel was nicht durch die Katzenklappe passt darf Pflegehund  werden. Wir haben dann die Pflegehunde nachts mit ins Schlafzimmer genommen und da gab es eben keine Katzenklappe, damit die Katzen über Nacht das Haus für sich alleine hatten und sich auch frei bewegen konnten. Haben dritte Ebenen eingerichtet, haben dafür gesorgt, dass die Katzen auf anderen Etagen essen, als die Hunde, die Hunde getrennt voneinander gefüttert werden. Also es ist definitiv viel Aufwand.

 

Hast du Mitspracherecht bei der Vermittlung?

 

Du hast halt immer die Gefahr, dass der Verein etwas tut, was dir nicht gefällt und du kein Mitspracherecht hast. Und das war für uns dann auch wirklich einer der Gründe, dass wir gesagt haben, wir hören auf. Wir haben damals noch mehreren Vereinen angeboten, für sie weiter zu arbeiten. Immer unter der Prämisse “Wir übernehmen den Hund, wir dürfen ihn quasi selber vermitteln” und das wollen die meisten nicht. Die meisten möchten nicht, dass die Pflegestelle ein Vetorecht hat, sondern sie möchten, dass im Endeffekt im Haus entscheiden. Was ich auch gut verstehe, zum Teil. Was es aber für dich als Pflegestelle eben auch emotional stark belasten machen kann.

[22:38] – David

Ja, also ich empfinde es eigentlich als sehr, sehr schade, weil ich glaube, ich kann zwar nur für mich sprechen, aber ich glaube, wir hätten damit auch zumindest noch ein bisschen weitergemacht, als wir das tatsächlich auch gemacht haben.

[22:54] – Anne

Ja, vielleicht noch ein bisschen, da gebe ich dir recht. Unterm Strich war dann ein weiterer Punkt: Wir haben unsere Pflege sehr schnell hintereinander aufgenommen. Davon kann ich dir nur dringend abraten. Guck, dass wenn da einer ausgezogen ist, du eben nicht in den Druck kommst. Da sitzen doch noch so viele, die ein zu Hause brauchen, sondern dass du immer erst mal wirklich eine Pause machst von 2- 3 Monaten, wo du guckst, was verändert sich bei meinem Hund wieder? Wie verändert sich unser Zusammenleben? Und an der Stelle möchte ich eine meiner absoluten Lieblingskollegin, die Esther Follmann von CaneAmi zitieren, die mir immer wieder gesagt hat “Anne, Tierschutz fängt bei den eigenen Tieren an.” Und nachdem wir eben eine längere Pause eingelegt haben, einfach weil wir nicht wussten, mit welchen Verein wir weiter gehen wollen und wir keine Lust hatten einen eigenen zu gründen, haben wir dann gemerkt Wow! Wir kommen im Training mit unseren Hunden auf einmal mit Siebenmeilenstiefeln voran, wo wir keine Pflegehunde mehr aufnehmen und haben uns schlussendlich für die Lebensqualität unserer Hunde entschieden.

Ursprünglich erst einmal mit dem Gedanken des temporär so zu machen und dann haben wir uns irgendwann entschieden, solange die Nayeli bei uns ist, zieht kein neuer Hund mehr ein.

Wir hatten danach nochmal einen Pflegehund zum Ferien Besuch und es war wunderschön. Den mochte die Nayeli auch total gerne und die hatten eine tolle Zeit miteinander. Das hat uns nochmal gezeigt, dass das geht mit dem Integrieren von Hunden. Und grundsätzlich ist es aber so, dass es für die Nayeli eine große Belastung ist.

Für die Minnie auch, aber die  Minnie steckt das ein bisschen besser weg. Die geht dann halt mehr jagen und es wird spannender für uns in der Zeit, weil wir einfach bei den Spaziergängen mehr auf sie achten müssen. Da kompensiert sie das. Aber für die Nayeli ist es zur Zeit im Haus nach wie vor eine Herausforderung mit anderen Hunden zu leben und mit der Minnie hat sie sich supergut arrangiert. Ich würde die beiden heute sogar als Freundin bezeichnen und das möchten wir einfach nicht aufs Spiel setzen.

David, ein Abschlussswort von dir dazu. Oder möchtest du was ergänzen?

[24:59] – David

Ich fand das jetzt schon recht schön. Aber ja, ich mag insbesondere auch unserer Großen die erworbene Lebensqualität  jetzt definitiv nicht mehr wegnehmen. Ich finde das sehr, sehr schön, was wir im Moment haben. Es ist gut so, wie es gerade im Moment ist.

[25:29] – Anne

Wenn du also darüber nachdenkst, Pflegestelle zu werden und einen eigenen Hund hast, dann überleg dir gut, ob dein Hund gerne mit anderen Hunden leben möchte und ob du bereit bist, nun wirklich viel Zeit und Arbeit zu investieren, inklusive der emotionalen Belastung. Und ob es für dich so ist, dass du sagst, ein gut vermittelter Hund, dem ich auf dem Weg begleiten und unterstützen konnte, das zahlt das sozusagen aus und dafür bin ich bereit, mal zu machen.

Und wenn du das machst, dann such dir einen für dich passenden Verein. Sprich dort ganz offen die Punkte an, die dich beschäftigen. Ein guter Verein begleitet dich auch gut auf diesem Weg, unterstützt dich auch gut auf diesem Weg und lässt dich auch gegebenenfalls eine gewisse Mitsprache bei der Vermittlung haben.

Ich hoffe diese Episode hat dir gefallen und hoffe, du hörst auch beim nächsten Mal wieder rein, denn da geht es um das Thema wie Tierschutzhund aufnehmen und was ist denn überhaupt ein guter Tierschutz?

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